„Wie ernährt sich die Pflanze“
Die Kunstdüngung beruht auf der Mineralstofflehre, wonach die Pflanze nur die leichtlöslichen Salzformen der Mineralien zu ihrer Ernährung braucht.
Die Pflanzen verlieren jedoch mit der Zeit die Widerstandskraft gegen Insekten, Bakterien und Viren, verlieren die Fähigkeit zur Ausbildung von Aromen, Geschmacksstoffen und die dauerhafte Fortpflanzungsfähigkeit, was sich auch auf die, diese Pflanzen fressenden Tiere, überträgt.
Die Grundlage der Kunstdüngung, die Mineralstofflehre, ist daher nicht richtig, sie ist bestenfalls eine kleine Teilwahrheit über die Pflanzenernährung.
Das Wesentliche an der Dauerfruchtbarkeit von Kulturböden, Pflanzen und Tieren muss etwas anderes sein, ein Vorgang, den man bisher noch nicht kennt oder nicht beachtet hat. Liebig selbst hat, als er anfing sich zu korrigieren, gemerkt, dass die Mineralsubstanzen der Natur nicht etwa Kunstdünger sind, welche die Pflanze ohne jede Hilfe direkt aufnehmen kann, sondern unlösliche Substanzen, die der Pflanze durch Lebensvorgänge zugänglich werden. Er hat schon lange vor uns gewusst, dass die Ernährungsvorgänge zwischen Boden und Pflanze durch Lebensvorgänge gesteuert werden, die unendlich viel wichtiger sind, als der Mineralstoffwechsel.
Letzteres wurde zwischenzeitlich noch erweitert durch die Entdeckung von Wirkstoffen (Vitamine, Enzyme, Hormone, Fermente) und der Spurenelemente, welche ebenfalls von der Pflanze gebraucht werden, allerdings nur in kleinen und kleinsten Mengen. Die entscheidende Wahrheit ist aber auf diesen Wegen der Stoff-Analysen nicht zu finden. Sie ist nur auf neuen Wegen zu finden, die zu einer anderen Art von Wissenschaft führen, zur Wissenschaft vom Lebendigen. Diese Lebensforschung wird schwierig und schließlich unmöglich dort, wo man zum wissenschaftlichen Erkennen die ganzen unversehrten Lebensvorgänge selbst nötig hat. Denn bei der Materie um die es sich hier handelt, dreht es sich um lebende Substanzen. Ein Boden auf dem man die Pflanze künstlich ernähren muss, unterscheidet sich von einem natürlichen Boden dadurch, dass sich Leben in letzterem befindet, dass dort Lebensvorgänge ablaufen und lebende Substanz darin enthalten ist. Der Unterschied zwischen der künstlich ernährten und der organisch wachsenden Pflanze besteht also u.a. darin, dass der letzteren „lebende Substanz“ zur Verfügung steht.
Alle Lebensvorgänge laufen nach den gleichen Grundsätzen ab und bedienen sich der gleichen toten wie lebenden Materie, ob es sich nun um das Leben von Bodenbakterien, Pflanzen, Tieren oder Menschen handelt. Wir finden die gleichen Substanzen in dem einen, wie in dem anderen, wir finden sie immer dort wo Leben ist.
Wir wissen heute, dass die lebende Substanz die Möglichkeit hat, überall hindurchzugehen, zB durch die Wurzelhäutchen der Pflanzen, oder die Schleimhautzellen des menschlichen und tierischen Darmes.
Jeder Organismus hat freies Auswahlvermögen welche Substanzen er aufnimmt und welche nicht, er trifft eine Auswahl, die seiner Gesundheit und seiner Fruchtbarkeit dient. Dieses Auswahlvermögen hat er bei den einfachen Nährstoffen nicht, die muss er nehmen, ob er will oder nicht (Überdüngung mit Kunstdünger).
Jeder Organismus braucht lebende Substanz und je größer der Zellstaat eines Organismus wird, umso größer wird seine Abhängigkeit von der Umwelt, umso mehr bedarf er der Ergänzung aus der Umwelt. Er kann sehr lange sein Leben ohne Nachschub an lebender Substanz fristen, nimmt jedoch von Generation zu Generation an Lebensfähigkeit und Lebenstüchtigkeit ab, es entsteht ein Mangelzustand an biologischen Fähigkeiten.
Wir haben es mit dem Kreislauf der lebenden Substanz zu tun, der nötig ist, um alle Lebewesen gesund zu erhalten und zur vollen Entfaltung ihres Lebens und ihrer Fruchtbarkeit zu befähigen.
Voraussetzung ist aber, dass das Bodenleben eine solche Auswahl bereithält, das geschieht dann, wenn wir das Bodenleben in Ordnung halten, auf jede Einmischung in die natürlichen Lebenskreisläufe verzichten, ja sogar wenn man die Bodenarbeit auf das geringstmögliche Maß beschränkt.