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Beschreibung um das Thema Rusch Artikel

82. Artikel Sommer 1975

„Der Wert der biologischen Landbauprodukte“

Möglichkeiten des Wertenachweises und der Unterscheidung nach dem gegenwärtigen Stand der Grundlagenforschung

Der Wert von Nahrungs- und Futterpflanzen wird bestimmt, indem man sie der chemischen Analyse unterwirft. Dabei werden alle Stoffe, soweit sie der chemischen Analyse zugänglich sind, mit ausreichender Genauigkeit erfasst: Eiweiße und ihre Bausteine, Kohlenhydrate verschiedenster Art, Fette samt ihren „gesättigten“ und „ungesättigten“ Fettsäuren, Mineralsalze, Vitamine, Enzyme und Spurenstoffe. Andere Kriterien gibt es nicht und soweit es solche gibt, wurden sie als „unwissenschaftlich“ beiseite geschoben und nicht als Beweis anerkannt, z.B. Geschmack, Geruch u.a.m. Ja selbst chemisch nachweisbare Qualitätsverschlechterungen wie das Pasteurisieren der Milch durch Erhitzen wobei sämtliche Enzyme und ein Teil der empfindlichen Vitamine zerstört und die Eiweißqualität verändert werden, wird als unwesentlich abgetan.
In Wirklichkeit ist der Schaden, der durch das Erhitzen lebendiger Nahrung entsteht noch viel größer als die Teilschäden, die sich durch die chemische Analyse erkennen lassen. Lebendige Nahrungen werden durch Erhitzen buchstäblich getötet. Was übrig bleibt ist eine Leiche. Es dürfte ein gewaltiger Unterschied sein, ob man von etwas Lebendigem oder von etwas Totem lebt. Diese einfache Tatsache hat bis jetzt noch nicht ihren Niederschlag in der Wissenschaft gefunden. Lebendigkeit ist eine Eigenschaft der lebenden Substanzen über die früher wenig, allzu wenig bekannt war. Unsere Veröffentlichungen über den Kreislauf der lebenden Substanzen fanden nur wenig Gehör und noch viel weniger Eingang in die Wissenschaft. Ich habe meine Arbeit nur deshalb trotz allen Widerstandes fortgesetzt, weil die Schlussfolgerungen aus der These vom biologischen Kreislauf lebender Erbsubstanz für die tägliche Praxis sowohl in der Heilkunde, wie in der Landwirtschaft von ungeheurer Bedeutung sind.
In den verflossenen 25 Jahren nun ist eine außergewöhnlich fruchtbare biologische Grundlagenforschung in Gang gekommen; die Zeiten haben sich geändert. Wir haben heute ein gutes Bild von den lebenden Substanzen und ihren Bewegungen innerhalb des Nahrungskreislaufes vom Boden bis zum Menschen und wird diese heute vom größeren Teil der Biologie, der Biophysik und der Biochemie als Wahrheit entsprechend erkannt. Die Weiterentwicklung Richtung Anerkennung durch die Wissenschaft wird jedoch von zahlreichen Schwierigkeiten begleitet, zuerst einmal durch das Nichterkennen durch die Wissenschaft und ihre Träger selbst, diese Periode dauert lange Zeit, bis umwälzende Erkenntnisse Platz gegriffen haben. Weiters hat in vielen Ländern die Industrie große Anteile der Fachleute unter Kontrolle. Das geschieht auf mannigfache Weise und immer mit Hilfe der Macht des Geldes. Das alles sind große Hindernisse auf dem Erkennen der Werte der biologischen Landbauprodukte. Es stellt sich die Frage: Gibt es Beweise für den höheren Wert dieser Produkte? Es gibt diese Beweise: lebende Organismen haben, wenn sie sich in der Umwelt behaupten wollen vor allem zwei grundsätzliche Aufgaben zu erfüllen: das sind die Selbsterhaltung und die Fortpflanzung. Je vollkommener sie diesen beiden Pflichten nachzukommen fähig sind, desto höher ist ihr biologischer Wert, ihre Lebensqualität.
Es kann nicht mehr bestritten werden, dass der biologische Landbau im Gegensatz zur Kunstdüngerwirtschaft ohne jede Giftanwendung auskommt, ohne seine Rentabilität zu verlieren. Im krassen Gegensatz zu den Kulturen der Kunstdüngerwirtschaft, denen man mit lebensfeindlichen Giften zu Hilfe kommen muss. Die biologischen Pflanzen besitzen Selbstschutz und Selbstheilungskräfte, die ihr Überleben sogar in einer vom Menschen weitgehend verdorbenen Umwelt möglich machen. In der gleichen Weise gelingt es dem biologischen Bauern Krankheit und Unfruchtbarkeit aus seinem Tierstall zu verbannen und seine Tiere zu höchsten Leistungen zu bringen. Die Unfruchtbarkeit der Nutztiere bereitet dem konventionellen Landbau schwere Sorgen. Es ist unzweifelhaft bewiesen, dass die biologische Nahrung von der das Tier lebt, imstande ist, ihre eigene Fruchtbarkeit auf den Nahrungsempfänger zu übertragen.
Es kann keinen Zweifel mehr daran geben, dass die biologischen Erzeugnisse einen wesentlich höheren Nahrungswert besitzen. Gesundheit ist unteilbar, kein Lebewesen kann auf die Dauer gesünder sein als seine Nahrung und die Zeichen von Gesundheit sind bei allen Lebewesen stets die gleichen, ob es sich nun um den Boden, die Pflanze, das Tier oder den Menschen handelt.

81. Artikel Frühjahr 1975

„Richtlinien für die Humuswirtschaft“

Am Beginn dieses Artikels berichtet Dr. Müller zum ersten Mal von einem „Krankwerden“ von Dr. Hans Peter Rusch. Diese Berichte wurden mehr.

 

Es wird nützlich sein die Richtlinien für die Humuswirtschaft übersichtlich zusammenzufassen, die im Laufe unserer Arbeit erkennbar und in der Praxis durchgeführt worden sind. Allerdings steht der Humusbauer heute noch manchen Schwierigkeiten in der Entwicklung gegenüber. Maschinen, Dünger und Saatgut entsprechen noch nicht voll den Anforderungen des biologischen Landbaues, die Qualität der Erzeugnisse wird nicht voll bewertet. Zudem werden zunehmend allerlei „biologische“ Hilfsmittel (Dünger, Saatgut, Pflanzenschutzmittel) angeboten, denen man kaum auf den ersten Blick anzusehen vermag, was sie wirklich wert sind. Die Humuswirtschaft ist ein biologisches System, das nicht mit diesem oder jenem Hilfsmittel zustande kommt, sondern nur aus dem Begreifen des Ganzen heraus; die Methoden sind relativ einfach, denn das meiste muss die Natur selber tun, man muss eben nur verstehen, sie dazu zu veranlassen.

 

Die Prinzipien der Bodenbearbeitung

Die Bodenbearbeitung bisher als Mittel zur mechanischen Bodenlockerung, zum Aufschluss des Untergrundes und zwecks „Durchfrierung“ der Krume allgemein üblich, könnte im biologischen Landbau wegfallen, sie ist im vollgaren Boden durchaus entbehrlich. Es kann kein Zweifel mehr daran sein, dass der Stoffwechsel des Bodens durch jeden Eingriff gestört wird und niemals zu Hochleistungen kommt, wenn man immer wieder Bodendecke Zell- und Plasmagare durcheinander bringt und die Voraussetzungen für die Humusbildung beseitigt. Es ist also grundsätzlich geboten jede irgendwie entbehrliche Bodenarbeit zu vermeiden.
Auf den Tiefpflug und ähnliche gröbere Eingriffe kann man vollkommen verzichten, mit schweren Geräten wird man nach Möglichkeit nur aufs Land fahren, wenn die mechanische Schädigung gering ist, nicht zur Zeit der Hochgare. Wer den Boden als lebendes Wesen ansieht wird die richtigen Methoden finden.
Für die oberflächliche verhältnismäßig unschädliche Bodenbearbeitung wie sie zu Saat, Versetzen, Verziehen und Unkrautbekämpfung nötig ist, stehen zwar Geräte zur Verfügung, bedürfen aber noch der Vervollkommnung. Eine zukünftige Zusammenarbeit von Maschinenbau und Humuswirtschaft wird lohnende Aufgaben vorfinden.
In den Mutterböden der warmen Zonen ist die Stoffwechseltätigkeit bei genügend Feuchtigkeit durchwegs ähnlich hoch wie in den sandigen Böden der gemäßigten Zonen in der warmen Jahreszeit, bei beiden muss vermieden werden, den „Grundumsatz“ durch tiefere Eingriffe in die Struktur noch weiter zu intensivieren. Nur bei schweren Tonböden werden die Nachteile der Bodenbearbeitung durch die Vorteile der erhöhten Bodenatmung wettgemacht, bei ihnen lässt sich der von Natur träge Stoffwechsel durch die mechanische Lockerung normalisieren. Allerdings wird man anstreben bei jeder Bodenbearbeitung, ob auf leichten oder schweren Böden, mit Rücksicht auf die lebenswichtige Schichtenbildung Geräte zu benutzen, die die Krume nicht umwenden, sondern den Boden lediglich aufreißen; man kann auf diese Weise auch die Pflugsohlenbildung vermeiden, die zur Abdichtung gegen den Untergrund führt.
Wer nicht weiß, ob sein Boden der mechanischen Tiefenlockerung bedarf oder nicht, muss es am Garezustand ablesen. Ein Boden, der in mäßig feuchtem Zustand beim Einstechen feste Klumpen bildet, denen jedes Porensystem fehlt, bedarf noch der Lockerung, aber auch der organischen Ernährung (Düngung) bis ein stabiles Porensystem entstanden ist.
Allgemeine Regeln für die Bodenbearbeitung gibt es nicht, es gibt auf der Welt vielleicht nicht einmal zwei gleichartige Böden, deren biologisches Verhalten sich entspricht wie die Konstitution eineiiger Zwillinge. Dem Bauern ist zu lehren, dass sein Boden lebt, dass jeder Boden sein eigenes individuelles Leben hat und man mit ihm umgehen muss, wie mit anderen Lebewesen. Eine Regel ist immer wichtig: Auf der Höhe der Zellgare, d.h. in den wärmsten Monaten muss der Boden möglichst in Ruhe gelassen werden, in dieser Zeit bringt das Durchwühlen der Krume die größte Beschädigung der Bodenorganismen. Zu jeder Zeit jedoch vermeide man die Umkehrung der Schichten.
Die Bodenbearbeitung während der Wachstumszeit hat einen weiteren sehr wesentlichen Nachteil: Die Ausdehnung des Wurzelsystems geht weit über das Maß hinaus, das man sich bisher vorgestellt hat. Es handelt sich daher nicht nur um die gut sichtbaren Wurzeln der Gewächse, sondern um ein fast mikroskopisch feines unendlich vielgestaltiges, ständig auf- und abgebautes System von Nährwurzeln, das jede Pflanze in unglaublich kurzer Zeit zu entwickeln vermag, wenn sie genügend Plasmagare vorfindet. In Böden, die niemals bearbeitet werden (Obstbau unter der Grasnarbe) geht dieses Feinwurzelsystem weit über den oberirdischen Kronenteil hinaus, bei Obstbäumen oft mehrere Meter.
Wir haben uns das auch ganz ebenso bei Rüben, Kartoffeln, Gemüse und anderen Kulturpflanzen vorzustellen. Es ist unvermeidlich, dass selbst die schonendste Bodenbearbeitung dieses weitverzweigte Nährsystem empfindlich stört. Zwar wird der Schaden dadurch teilweise wettgemacht, dass das System rasch wieder aufgebaut werden kann und auf nicht garen Böden wird die mangelhafte Bodenatmung verbessert.
Legen wir diese Grundsätze – Störung der natürlichen Schichtenbildung und des Feinwurzelsystems durch Bodenarbeit – den kulturellen Maßnahmen der Bearbeitung von Muttererden zugrunde, so ergibt sich von selbst, dass nicht ein einziger Eingriff in den Bodenorganismus ohne Folgen bleibt und unbedenklich wäre. Man wird zugeben, dass man sich bisher ganz allgemein am Bodenleben versündigt hat und für die Zukunft gewaltig umlernen muss.

 

80. Artikel Winter 1974

„Wissenschaft, Forschung und biologischer Landbau“

Die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft in den letzten 200 Jahren der Menschheitsgeschichte findet sich wieder in der Entwicklung ihrer Wissenschaften. Ursprünglich lag diese in den Händen von Einzelnen, wenigen Auserwählten. Das unvergleichlich starke Wachstum der Menschheit seit dem vorvorigen Jahrhundert hat eine Studenten-Flut an allen Universitäten erzeugt. So wichtig die Wissenschaften für die Fortentwicklung der menschlichen Kultur früher auch waren – für die Existenz der Menschheit waren sie halbwegs entbehrlich. Heute aber sind sie es nicht mehr. Ohne die Arbeit der Wissenschaften kann die Menschheit nicht mehr existieren, sie könnte ihr Wachstum nicht überleben.

In dieser Entwicklung hat sich der Charakter der Wissenschaften das Wesen der Universität und ihrer Aufgaben entscheidend gewandelt – die Spezialisten sind unentbehrlich geworden. Die Universitäten wurden zwangsläufig überwiegend zu bloßen Fachschulen zwecks Ausbildung von Spezialisten. Es tritt damit ein sogenannter „Fach-Idiot“ in Erscheinung, ein Akademiker-Typ, dem die Scheuklappen des Spezialistentums jeden Überblick, jede instinktsichere Einordnung des Einzelnen in das Ganze verwehren. Es gibt jetzt nur noch recht wenige wissenschaftliche Persönlichkeiten, die sich den sicheren Blick für Ganzheitsprobleme bewahrt haben.

Wohl die wesentlichste Erscheinung ist aber die Tatsache, dass sich auf Basis der industriell und kaufmännisch vielfältig ausnutzbaren Resultate der Forschung etwas entwickelt hat, das es früher in dieser allherrschenden Form noch nie gab.

Der Großindustrie ist es gelungen, die Macht des Geldes an sich zu bringen und damit in ihrem Sinne zu herrschen und so den größeren Teil der Naturforschung in ihre Abhängigkeit zu zwingen. Ein neuer Typ Wissenschaft entstand, die „Zweckwissenschaft“ in der neben dem Forscher immer der Kaufmann steht, den eine Wahrheitsfindung wenig interessiert, er wartet nur auf verwertbare Resultate. Diese ständige Abhängigkeit der Wissenschaft hat einen neuen Forschertyp geboren, dessen Denken und Streben nur mehr zweckgebunden ist. Die Hochzivilisation hat sich so rapide und ohne jede Rücksicht auf die Umwelt entwickelt, dass die Existenz alles Lebendigen auf Erden in höchste Gefahr geraten ist.

Dass es einen Kreislauf der lebenden und vor allem der Erbsubstanzen in der Natur gibt, von dem das Gedeihen aller Lebewesen direkt abhängig ist, bezüglich ihrer Gesundheit und Erbgesundheit, weiß man aus den Forschungsergebnissen der Vererbungs- und Gen-Forschung. Hätte man beizeiten die Zivilisation danach ausgerichtet, wäre der Menschheit das Gespenst ihres biologischen Todes erspart geblieben. Man redet in aller Welt von den verschmutzten Flüssen vom Lärm von der Luftverschmutzung, viel zu wenig vom lebendigen Boden und der natürlichen Nahrungsproduktion, obwohl letztere der Beginn sein müssten der Bemühung um eine Gesundung der menschlichen Gesellschaft.

Es darf daher niemand wundern, dass sich viele Menschen mit noch gesundem Instinkt im Bewusstsein, dass es die Natur doch besser weiß, als wir Menschen von der offiziell vorgegebenen Linie abgewandt haben und eigene Wege gehen, sodass heutzutage die sog. biologische Medizin und der sog. biologische Landbau zu einem allgemein bekannten Begriff geworden sind. Die Bezeichnung „biologisch“ wurde damit in den allgemeinen Sprachgebrauch übernommen. Man versteht darunter alle Arten von Bewegungen, die sich von der allophatischen Medikamentenmedizin und der Agrochemie befreit und natürliche Methoden der Heilbehandlung und Nahrungsproduktion entwickelt haben.

Niemand sollte eigentlich bezweifeln, dass hier die Wege in eine bessere Zukunft aufgezeigt werden, jedoch die dahingehende Einsicht ist erst in einem anfänglichen Werden. Die Obrigkeiten wollten den Gebrauch des Wortes „biologisch“ verbieten, das jedoch ist nicht gelungen, dazu dürfte es zu spät sein – die Menschen lassen sich nicht einfach den Mund verbieten.

Im Augenblick handelt es sich darum, die Wissenschaft von den Grundbedingungen des Lebens und der Erbgesundheit zu Anwendungsreife zu entwickeln. Die Basis ist ja längst gelegt, man braucht nur darauf aufzubauen.

79. Artikel Herbst 1974

„Unser Gesundheitsfilter ist der Boden“

Um die Vorgänge bei der Kompostierung zu studieren, wurden in den Jahren 1951-1953 Komposte aufgesetzt nach allen bekannten Vorschriften, es waren Stallmist-Erde-Komposte reine Pflanzenkomposte und gemischte. Die Zellzahlen des Anfangsmaterials waren sehr hoch bis zu 8000. Das Kompostmaterial wandelte sich im Lauf der Monate in eine wunderbare dunkle Erde um, die herrlich nach fruchtbarer Walderde duftete. Die Zellzahlen dieses Produktes jedoch waren auf weniger als den 10. Teil abgesunken (400-700) der Düngewert hatte sich auf einen kleinen Bruchteil verringert. Im gleichen Maße in dem die Zellzahlen absanken, verminderte sich der Zellulosegehalt des Materials, das von den Kompost-Mikroben als Nährstoff benutzt wird, dabei wird Wärme freigesetzt (Erhitzung der Komposte). Der größte Teil der Energie des organischen Abfallmaterials wird im Komposthaufen verbraucht. Es steigt die Qualität der Komposterde bis auf hervorragende Wertigkeiten aber die mengenmäßige Leistung, die Düngeleistung geht zur gleichen Zeit bis auf einen kleinen Bruchteil verloren. Damit erklärt sich, dass man im bisher üblichen biologischen Landbau zwar gesunde Kulturen von hoher biologischer Güte bekam, aber keine ausreichenden Erträge und damit keine genügende Rentabilität.

Damit schied der biologische Landbau als ernsthafte Konkurrenz für die Kunstdünger-Methode aus.

Es stellte sich jetzt die Frage, was nun tun mit den Wirtschaftsdüngern und dem sonstigen organischen Material, nachdem man wusste, dass die Kulturpflanzen wohl die ausgereiften nicht aber die frischen Dünger vertragen.

Die Natur wies den Weg: das organische Material wird dort einfach auf den Boden aufgelegt (herbstlicher Laubfall) durchläuft die Arbeitsschichten des unversehrten Bodens (kein Einpflügen) und wandelt das pflanzlich vollkommen untaugliche Abfallmaterial in beste Pflanzennahrung um. Und dabei geht nichts verloren.

Es war damals eine schwierige Sache die Änderung im Kompostierungssystem den Bauern zu erklären und den Flächenkompost den Vorrang zu geben Zudem war bereits bekannt, dass der Haufenkompost auf Grund seiner hohen biologischen Güte ein biologischer Filter darstellt, das imstande ist, alles Krankhafte und Abwegige zu beseitigen und sogar Krankheitserreger abzutöten. Das geschieht auf dem Weg der Humifizierung bei der Umbildung der lebenden Substanzen. Es stellte sich nun die Frage: Wenn man anstelle der Haufen die Flächenkompostierung praktiziert, so müsste dieser Gesundheitsprozess ebenso gut und sicher ablaufen wie im Haufenkompost. Es wurden Versuchsreihen eingerichtet mit echten hochlebendigen Krankheitserregern auf lebendigen und nicht lebendigen Böden. Dabei stellte sich heraus, dass lebendige Böden als biologisches Filter ebensogut funktionieren wie Komposte nicht aber die kaum lebendigen Böden, wie sie durch die fortlaufende Treibdüngung mit synthetischem Stickstoff produziert werden.

Die Flächenkompostierung auf biologisch lebendigen Boden erbringt dieselbe Filtertätigkeit wie der Haufenkompost.

 

„Mineralisation“ der lebenden Substanz

Ansichten der Wissenschaft im Laufe der Zeit seit:

Anfang des 20. Jahrhunderts: Jegliche organische Substanz muss im Boden „mineralisiert“ werden, ehe sie die Pflanzen aufnehmen können. Man war der Meinung, dass kein Organismus auch nicht Tier und Mensch imstande seien die großen Moleküle organischer Substanz in sich aufzunehmen. Die gegebene Schlussfolgerung war die einfache Formel von der Mineralisation, die dann folgerichtig auch der Einführung der Kunstdüngung in der Landwirtschaft ihre Berechtigung gab. Inzwischen ist viel geschehen: Die Auffassungen vom Stoffwechsel haben sich im Laufe der Jahrzehnte bis heute grundlegend gewandelt.

Zunächst bewies bereits die vor 4-5 Jahrzehnten erfolgte Entdeckung der Vitamine und Enzyme, dass es im Nahrungskreislauf auch größere Atomverbindungen gibt, die von Mensch, Tier und Pflanze aufgenommen werden können.

Heute steht absolut fest, dass ein jeder Organismus imstande ist, aus dem Nahrungsangebot die Riesenmoleküle der lebendigen Substanzen, ja sogar ganze unversehrte Bakterien in sich aufzunehmen. Es gibt also praktisch nichts in der Nahrung, was der Körper nicht auch aufnehmen kann, wenn er es will. Es gibt eine ganze Reihe von Kontrolleinrichtungen mit denen sich die Organismen normalerweise gegen die Aufnahme einer unerwünschten lebenden Substanze wehren können.

Es sind viele Erkenntnisse über den Stoffwechsel lebender Organismen durch die Forschung gewonnen worden, es wird jedoch die Aufklärung bis ins Letzte noch sehr viel Forscher-Arbeit verlangen.

Im lebenden Mutterboden ist der Stoffwechsel jedoch ganz besonders rätselhaft, weil dort die Stoffe, die man dem Boden als Nahrung (Düngung) anbietet, tatsächlich zum größten Teil (betrifft vor allem die Kohlehydrate) aufgespalten werden, also eine Mineralisation eintritt, jedoch mit Einschränkung:

Abgebaut wird nur das, was sich im Stoffwechsel der Organismen, besonders der Pflanzen relativ leicht wieder aufbauen lässt; nicht abgebaut aber wird das, was für das Leben der Pflanzen und letztlich auch der Tiere und Menschen wertvoll und lebenswichtig ist, und das sind in erster Linie die lebenden Substanzen. Sie werden lediglich von allen ihren Begleitstoffen befreit und damit einer biologischen „Reinigung“ zugänglich gemacht. Das ist letzten Endes der tiefere Sinn der sog. Humusbildung, mit der aus unbrauchbarem, ja giftigem Abfall wertvollste Pflanzennahrung zubereitet wird, oder kurz gesagt: Was entbehrlich ist für die Pflanze, wird abgebaut – „mineralisiert“ – was unentbehrlich ist, bleibt erhalten.

Auch der Abbau, die Aufspaltung zweitrangiger Stoff-Gebilde im Boden ist eine durchaus ökonomische Sache und für das Bodenleben unentbehrlich: Die Energien, die beim Abbau gewonnen werden, werden unbedingt gebraucht, um der abbauenden Bodenflora in den obersten Bodenschichten das Leben zu gestatten. Sie leben von den Energien aller der Stoffe, die für die Pflanze überflüssig und sogar zum Teil unverträglich und giftig sind – es ist schon alles weise eingerichtet. Ein jeder bekommt das, was er braucht. Die Bodenflora hat genug zum Leben, was sie verbrauchen kann, und übrig bleibt genau das, was die Pflanze zum Leben braucht: Humus.

Die lebende Substanz hat dereinst aus dem Chaos der irdischen Mineralstoffe das wohlgeordnete System der lebendigen Organismen, der Mikroben, der Pflanzen, der Tiere und der Menschen geschaffen. Sie benutzt freilich dazu die Urminerialien – wie sie ja im Urgesteinsmehl vorhanden sind, – und sie bewegt dabei ungeheure Mengen dieser leblosen Stoffe.

Das Entscheidende dabei aber ist und bleibt sie selbst, die lebende Substanz mit ihrem Ordnungsgefüge, in dem alle lebendigen Gestaltungen auf der Erde eingeprägt sind. Ohne sie gibt es kein Leben auf der Erde, und das Leben kommt nur aus Leben und niemals aus der Mineralisation.

78. Artikel Sommer 1974

„Die mikrobiologische Bodenuntersuchung nach Dr. med. H.P. Rusch – Was bedeuten die ermittelten Werte über „Menge“ und „Güte“ für die Praxis des organisch-biologischen Landbaues?“

Der biologische Landbau ganz allgemein steht und fällt mit der natürlichen, spontanen Fruchtbarkeit der Kulturböden. Diese natürliche Fruchtbarkeit ist nicht identisch mit der Menge des Bodenvorrates an sogenannten Kern-Nährstoffen, d. h. den direkt oder indirekt verfügbaren Ionenschwärmen und Stickstoffverbindungen, wie sie die chemische Bodenanalyse ermittelt. Sie ist funktionaler Art und nicht mit einer stofflichen Analyse zu erfassen.

Die chemische Analyse lässt bestenfalls eine Aussage zu über die vermutliche Ernte, also bestenfalls eine quantitative Voraussage – und auch das keineswegs immer: Ein direkter Zusammenhang von chemisch-analytisch ermittelten Bodenwerten mit dem Ertrag wird seit geraumer Zeit mit Recht bestritten: Sie ist also nicht einmal immer ein quantitatives Maß für die Fruchtbarkeit des Bodens, geschweige denn ein Maß für die biologische Bodenqualität. Natürliche Bodenfruchtbarkeit ist sehr viel mehr als der mess- und wägbare Ertrag.

Fruchtbarkeit ist die höchste Leistung, deren ein Lebewesen fähig ist; sie ist zugleich der sichtbare Ausdruck der Gesundheit: Wo die Gesundheit schwindet, aus welchen Gründen auch immer es sein mag, da schwindet auch die Fähigkeit, vollkommenes Leben zu gebären. In der Natur ist kein Ding um seiner selbst willen, es ist nur um das Ganzen willen. Ein Organismus ist nicht schon deshalb fruchtbar, weil er Nachkommen hat; er ist es erst dann, wenn auch seine Nachkommen fruchtbar sind bis ins letzte Glied, von dem wir wissen können. Fruchtbarkeit ist nicht um des Individuums willen, sondern für die Erhaltung der Art notwendig.

Aber das nicht allein: Die Fruchtbarkeit der Muttererde setzt sich fort in den Organismen, die von ihr leben, den Pflanzenwesen, deren Dasein nicht mehr an die Verhaftung mit dem Boden gebunden ist, den Tieren und Menschen. Von allen diesen ans Licht gestiegenen Gestaltungen des Lebens kehrt schließlich die Fruchtbarkeit zurück dorthin, von wo sie kam, zur „Mutter Erde“. So ist die Bodenfruchtbarkeit kein Ding an sich, sondern Teil eines Ganzen, dem sie dient wie alles, was lebt. Dieses Ganze, die Gemeinschaft alles Lebendigen muss nicht nur philosophisch, sondern erst recht naturwissenschaftlich als biologische Funktionseinheit gesehen werden, wenn man den Versuch unternimmt, die Bodenfruchtbarkeit zu messen, um dem Menschen zu dienen.

Im Licht dieser umfassenden Betrachtung des Begriffes „Fruchtbarkeit“ mutet der Versuch, sie mithilfe einer Mineralstoffanalyse zu messen und sie an rein quantitativen Erträgen zu bestätigen, von vornherein als untauglicher Versuch am untauglichen Objekt, also als höchst unwissenschaftlich an. Auf jeden Fall bedarf es, um die Bodenfruchtbarkeit zu messen, biologisch-funktionaler Tests, nicht chemischer Analysen.

Der einzige, exakt-wissenschaftliche Test wäre freilich die Prüfung einer vollständigen Lebensgemeinschaft Boden-Pflanzen-Tier-Mensch über viele Jahrzehnte hinweg. Aber die Menschheit hat wohl kaum noch die Zeit, die Resultate solcher Versuche abzuwarten. Sie steht vor Gegenwartsproblemen, die auf den Nägeln brennen und gemeistert werden müssen, wenn die rapid zunehmende Entartung der hochzivilisierten Menschheit überwunden werden soll – das ist unser Problem heute, nicht in ferner Zukunft. Es bedarf also funktionaler Tests einfacher Art, unmittelbar brauchbar für die landbauliche Praxis. Solche Tests müssen ein kurzzeitig verfügbare Aussage über die funktionelle Leistungsfähigkeit eines Bodens sowohl bezüglich der Quantität wie der biologischen Qualität gestatten. Sie müssen damit eine Aussage gestatten sowohl über die erwartbare Ernte und den rentabilitäts-begründenden Ertrag wie über die vermutliche physiologische Wirksamkeit der Erzeugnisse an Nahrungs- und Futterpflanzen bei Tier und Mensch – und damit wäre zugleich eine Aussage möglich über die sogenannte Pflanzengesundheit, ihre Abwehrleistungen und ihr spontanes Gedeihen. Zugleich aber muss eine Methode erarbeitet werden, deren Unkosten so gering sind wie irgend möglich, denn ein aufwendig-teurer Test wäre für den Landbau indiskutabel.

Unter diesen Voraussetzungen gibt es überhaupt nur eine einzige Möglichkeit: Einen mikrobiologischen Test, ein Test anhand der einzelligen Lebewesen, die auf mannigfache Weise mit dem Dasein der Vielzeller Pflanze, Tier und Mensch verknüpft sind. Diese Mikroorganismen vermögen als einzige innerhalb weniger Tage das widerzuspiegeln, was im Leben der vielzelligen Organismen vor sich geht, und zwar sowohl quantitativ wie qualitativ. Die Fortschritte der Mikrobiologie geben uns schon seit geraumer Zeit die Möglichkeit dazu.

Der Test hat zwei voneinander unabhängige Teile, einen quantitativen und einen qualitativen. Ersterer gibt eine Aussage über die Intensität des Bodenlebens, also über die erwartbare Bodenleistung („Menge“), letzterer eine Aussage über die biologische Güte des Bodenlebens in Bezug auf Pflanze, Tier und Mensch, denen der geprüfte Boden – direkt oder indirekt – die Nahrung liefert („Güte“).
Bestimmung der „Menge-Zahlen“

Die funktionale Bodenleistungsfähigkeit drückt sich darin aus, wie viele Zellen eine bestimmte Bodenprobenmenge unter günstigen Wachstumsbedingungen hervorzubringen imstande ist. Die Bodenprobe wird einem bestimmten Verfahren unterzogen durch das es möglich ist die Zahl der Zellen dieser Probe zu liefern. Diese Bestimmung der Menge des Bodenlebens ist ein direktes Maß für die Fruchtbarkeit, jedoch kein Urteil über den zu erwartenden Ertrag. Der „Mengen-Test“ soll und kann nur angeben, ob von seiten des Bodens die Voraussetzungen für einen unbeeinflussten, spontanen Wuchs der Kulturpflanzen ohne jeden Treibdünger gegeben sind.

Bestimmung der biologischen „Güte“

Es gibt eine Unmenge von bakteriellen und eine noch viel größere Menge von pilzlichen Mikroorganismen die am Boden leben teilnehmen und in riesiger Zahl in jeder Bodenprobe vorkommen.

Es kommt darauf an die Natur der Bodenlebewesen zu erkennen, um ein echtes Urteil über die biologische Qualität abgeben zu können. Die Bakterienfloren bei Mensch, Tier und Pflanze sind direkt abhängig von der Bakterienflora des Bodens. So ist Milchzucker besonders charakteristisch für die Bakterien, die bei Pflanzen, Tieren und Menschen leben. Wenn nun in einem Boden Milchsäurebildner zu leben vermögen, so hat dieser Boden für Mensch und Tier eine hohe biologische Qualität. Durch die Darstellung der Milchsäureflora einer Bodenprobe in einem bestimmten Verfahren wird das vermittelt. Das Urteil über die Qualität der Milchsäureflora ergibt ein indirektes Maß für die biologische Güte von Böden, auf denen Nahrungs- und Futterpflanzen wachsen sollen.

Mit Hilfe dieses Testes hat Rusch Maßnahmen in der Methode entscheidend beeinflusst. Er hat die Probleme der Haufenkompostierung darestellt und damit der so segensreichen Flächenkompostierung die Tore geöffnet. Es wurde weiteres erkannt, dass die Humusbildung im Boden in Schichten vor sich geht, die funktionell streng voneinander getrennt sind. Bringt man sie durch tiefgehende Bodenarbeit durcheinander, so wird nicht nur die Humusbildung sondern auch die Ausbildung des Feinwurzelsystems der Kulturpflanzen sehr stark gestört. Das tiefgehende Pflügen wurde für den organisch-biologischen Landbau untragbar.

Der Test war in den ersten Jahrzehnten der jungen Methode vor großer Wichtigkeit, er vermittelte Sicherheit und Kontrolle, er half mit, dass der organisch-biologische Landbau ein klares Maßnahmenkleid erhalten konnte.

Dieser hier besprochene Boden-Test wird nicht mehr durchgeführt infolge technischer und menschlicher Schwierigkeiten mit einer ganz kleinen Ausnahme. Der Biolandbau ist, wo überhaupt nach Bodentests gefragt wird, in die stofflichen Analysen zurückgefallen. Ruschs Forderung in der ersten Hälfte dieser Darstellung ist klar und unumstößlich. Ob sie gehört wird?

77. Artikel Frühjahr 1974

„Alle Gesundheit kommt aus fruchtbarem Boden“
Früher lebten von drei Menschen zwei auf dem Lande; weit mehr als die Hälfte aller Einwohner eines Landes in den heutigen Industrienationen war von Jugend auf mit der „Mutter Erde“ verbunden, der Bauer war das Rückgrat der Völker, der Garant für die stete Erneuerung.

Heute leben bis zu 90 % der Menschen in der Stadt, die meisten davon in Großstädten. Man mag das beklagen, aber man kann es nicht ändern. Die Verstädterung, erzwungen durch das starke Wachstum der Menschheit und manches andere, ist Schicksal geworden, das wir hinnehmen müssen.

Der Stadtmensch fristet sein Leben in einer künstlichen Welt, die von Menschenhand geschaffen ist,  losgelöst von allem, was wir Natur nennen. Ihm sind die Wurzeln genommen, aus denen uns die Kraft der Erneuerung zuströmt. Er ist der schleichenden Entartung preisgegeben; denn er kennt die schicksalhaften Zusammenhänge zwischen allem Lebendigen nicht mehr. Er kann nicht mehr biologisch denken.

Wir sollten uns ganz klar machen, was das bedeutet: Die überwiegende Mehrzahl der Menschen in den hochzivilisierten Völkern sind Stadtmenschen, und die Mehrheit bestimmt unser Schicksal. Diese Mehrheit aber kennt die fundamentalen Naturgesetze bestenfalls vom Hörensagen, nicht aus dem allein fruchtbaren, persönlichen Erleben heraus. Und so kommen alle die Irrwege zustande, die in der menschlichen Kultur und Zivilisation gegangen werden. Die kleine Minderheit, die sich das wahre, biologische Denken hat bewahren dürfen, hat dabei nichts zu bestimmen.

Es gibt dafür kein besseres Beispiel als den sog. Umweltschutz, von dem plötzlich alle Welt redet. „Umwelt“ ist da doch nur das, was den Stadtmenschen unmittelbar berührt: Die Luft, das Wasser, der Lärm. Das sind gewiss wichtige Dinge, wenn es um die Gesundheit geht, aber das allerwichtigste ist doch dabei vergessen: Die Nahrung. Kaum jemand hat begriffen, dass die Nahrung der breiteste Strom ist, mit dem wir Menschen tagtäglich mit der lebenden Umwelt in Beziehung stehen und fast niemals ist von der Gesundheit der Nutztiere, von der Gesundheit der Nahrungspflanzen und schon gar nicht von der Gesundheit des Bodens die Rede.

Umso mehr haben wir selbst allen Grund, uns mit diesem biologischen Zusammenhängen zu beschäftigen, immer und immer wieder; denn der Kampf um die Gesundheit der Nahrungspflanzen und Nutztiere ist das Kernstück unserer Arbeit, das entscheidende im Kampf gegen die Entartung und das wichtigste Glied im Umweltschutz.
Gesundheit ist ganz allgemein eine Frage der lebenden Substanz, d. h. jener organischen Bildungen, die man nur beim Lebendigen findet, von der Amöbe bis zum Menschen. Von den lebenden Substanzen wird in den Organismen und Mikroben die Bewegung der leblosen Materie gelenkt und geleitet. Sie bauen damit die Zellen, die Gewebe und den ganzen Organismus auf, ganz gleich, ob es sich um einzellige Lebewesen wie z.B. Bakterien handelt oder um Großorganismen. Das geschieht in grundsätzlich gleicher Weise. Die lebende Substanz der Erde ist also gemeinsamer Besitz alles Lebendigen. Sie entscheidet aber gleichzeitig über Gesundheit und Krankheit: Nur dann, wenn ein Organismus im Besitz der „richtigen“ Lebenssubstanz ist, kann er gesund sein.

Im Ablauf des Stoffwechsels ist es durchaus möglich, dass lebende Substanzen verbraucht werden, ein Ersatz dafür wird aus der Nahrung bezogen, also aus anderen Organismen. Es hängt von der Güte der lebenden Ersatz-Substanz, also von der Gesundheit der die Substanz liefernden Tiere oder Pflanzen ab, ob damit Gesundheit oder nicht eingebracht wurde. Die unbedingte Abhängigkeit aller Lebewesen voneinander kommt hier zum Ausdruck.

Wir Menschen beziehen unsere Nahrung von Tieren und Pflanzen, die Tiere leben von anderen Tieren oder von Pflanzen, die Pflanzen aber leben vom Boden, von der Muttererde. Daher kann jede Pflanze nur so gesund sein, wie der Boden, aus dem sie lebt, wie seine Bodengesundheit ist; denn auch der lebende Boden ist ein Organismus. Er kann gesund sein, oder auch krank. Zudem bekommt der Bodenorganismus von Natur aus die schlechteste Nahrung, er muss von den Abfällen des Lebendigen leben, er muss nehmen was er bekommt und trotzdem ist er imstande daraus eine voll taugliche Pflanzennahrung herzustellen: auch das ist ein Zeichen für die Gesundheit oder Krankheit des Bodens.

Der Vorgang der Nahrungsbildung im Mutterboden ist in der Natur ohne Beispiel, er ist eines der größten Wunder, die man erleben kann. Kein anderer Organismus ist imstande aus untauglichen Abfällen gesunde Pflanzennahrung herzustellen. Wer gesunde Nahrungspflanzen erzeugen will, muss zuerst dafür sorgen, dass der Boden gesund ist. Weder die Pflanzen noch die Tiere und Menschen können auf die Dauer gesund bleiben, wenn der Boden in dem die weitaus schwierigste Aufgabe der Nahrungsbereitung vor sich geht, krank ist.

Umweltschutz ist also in erster Linie nicht die Luft und Wasserverschmutzung sondern die Sorge um die Gesundheit unserer Böden. Allerdings muss man dann Abschied nehmen von der künstlichen Ernährung der Böden (Kunstdünger) mit der sich kein gesunder Bodenorganismus aufbauen lässt und Abschied nehmen von der ständigen Zerstörung der Schichtenbildung im Boden, ohne die der Boden seine Aufgaben nicht erfüllen kann. Das Manipulieren am Lebendigen hat seine engen Grenzen.
Nach den Gesetzen des Kreislaufes der lebenden Nahrungssubstanzen wird die Pflanzengesundheit durch die Bodengesundheit bestimmt. Wird eine Kulturpflanze von Krankheit oder durch den Schädling befallen, ist sie deshalb krank, weil der Boden nicht gesund ist und der Bodenorganismus nicht voll leistungsfähig. Wird dieser Übelstand nicht behoben, wird zur Spritze gegriffen um die Symptome zum Verschwinden zu bringen. Die Symptome einer Krankheit beseitigen oder die Krankheit selber heilen ist zweierlei.

Das Ringen um die Bodengesundheit ist eine harte Arbeit, dort wo sie verloren ging, da kann man studieren was biologischer Landbau wirklich ist. Da geht es darum, das rechte Maß zu finden, um den Organismus Mutterboden behutsam zum Leben zu erwecken: richtiger Furchtwechsel, richtige Kultur, kluge Gründüngung, Gebrauch von Basaltmehl, die betriebseigenen Dünger pfleglich zu behandeln, das Verhalten der Regenwürmer beachten, die Gare zu kontrollieren und den Wechsel der Unkrautflora zu beobachten.

Es gibt keine zwei gleichen Äcker, sie sind alle verschieden, man muss seine Böden studieren, sie beobachten und sein Handeln danach ausrichten. Es ist etwas Besonderes ein biologischer Bauer zu sein, es braucht nicht nur die Umsicht und Behutsamkeit eines Arztes und Krankenpflegers sondern auch die feste Überzeugung, dass es für die Zukunft der Menschheit keinen anderen Weg gibt, um gesunde giftfreie Nahrung zu erzeugen.

Rusch hatte für die Forschungsarbeit am Boden eine Gärtnerei, Gewächshäuser und Ackerland zur Verfügung unmittelbar ans Laboratoriumsgebäude angrenzend. Hier wurde Forschungsarbeit geleistet und wurden Erkenntnisse erarbeitet. Seitdem hat der organisch-biologische Landbau sein Gesicht ganz entscheidend gewandelt. Er wurde zur echten fortschrittlichen Alternative des chemischen Landbaues und ihm in jeder Beziehung gleichzusetzen.

76. Artikel Winter 1973

„Gift- oder Spurenwirkung in der Schädlings- und Krankheitsbekämpfung“

Seit Jahrzehnten haben einsichtige Menschen davor gewarnt im Landbau zur Bekämpfung von Schädlingen und Krankheiten hochgiftige Chemikalien zu verwenden. Man hat vorausgesagt, man werde gezwungen sein, immer größere Mengen und immer stärkere Gifte zu benutzen, weil es die sogenannten Schädlinge verstehen, sich an die Gifte zu gewöhnen und ihnen zu widerstehen, also resistent zu werden. Außerdem sagte man voraus, dass nicht nur die Gleichgewichte zwischen „Schädlingen“ und „Nützlingen“ zugunsten der Schädlinge verschoben würden, sondern dass letzten Endes das Gift nicht nur den Schädling treffen werde, sondern auch den Menschen und seine Nutztiere.
Genauso ist es nun gekommen. Die Voraussagen haben sich in jeder Beziehung als richtig erwiesen. Allmählich scheint es auch allen denen, die von den Produkten der chemisierten Landwirtschaft leben müssen, unheimlich zu werden. Man braucht kein Prophet zu sein, um vorauszusehen, dass der Ruf nach giftfreier Nahrung in absehbarer Zukunft mit jedem Jahr lauter werden wird und nicht mehr mit den üblichen Ausreden zu beschwichtigen ist. Die Menschen sind mündig geworden und beginnen ihr Recht auf saubere und gesunde Nahrung zu fordern.
Die offiziell anerkannte Landwirtschaftswissenschaft ergeht sich in einigen Resistenzzüchtungen und in der Entwicklung einiger biologischer Bekämpfungsmittel, bisher ohne praktischen Erfolg. Giftigkeit und Giftmengen steigen weiterhin ständig an.
Daraus jedoch entsteht die Verpflichtung des biologischen Landbaues über seine eigene Weiterentwicklung nachzudenken und neue Wege zur Bekämpfung von Verlusten durch Krankheiten und Schädlinge zu erschließen. Davon soll hier die Rede sein.
Schädlinge und Pflanzenkrankheiten richten nennenswerte Schäden nur bei Pflanzen an, die abwehrschwach sind, die als krank anzusehen sind. Ursache sind meist zwei Fehler: Fehler in Erbgut und Samen oder Fehler im Boden auf dem die Pflanzen stehen (Pflanzenkrankheit ist Bodenunordnung). Fehler im Erbgut von Samen und Pflanzen sind zu vermeiden, wenn Saat- und Pflanzgut auf Böden gezogen wird, die biologisch in Ordnung sind.
Sind ganze Kulturen auffällig für Krankheit und Schädling, dann liegt der Fehler im Boden, fallweise jedoch auch an einer ungünstigen Witterung oder einem ungeeigneten Boden. Jedenfalls ist die biologische Schädlings- und Krankheitsbekämpfung eine Nothilfe in Ausnahmefällen. Sie sollte auch vorbeugend, prophylaktisch in Anwendung kommen.
Wir müssen uns Gedanken machen, welche Art von Heilmethode oder Notfalls-Medizin sich mit den Grundsätzen und Zielen des biologischen Landbaues vereinbaren und verantworten lässt. In der Humanmedizin werden bisher zwei grundsätzlich verschiedene Wege in der Bekämpfung vor Krankheiten beschritten. Den einen Weg geht hauptsächlich die Schulmedizin, den anderen die biologische Medizin, die vielfach als Außenseiter betrachtet wird. Es lohnt sich die Grundsätze beider medizinischen Richtungen genauer anzusehen, wenn es um die Gestaltung der Schädlings- und Krankheitsbekämpfung im biologischen Landbau geht.

  1. Die Schulmedizin handelt nach dem Grundsatz von Bekämpfen einer Krankheit oder von Krankheitserregern durch Antibiotika bakterientötende Gifte, Hormone usw. Diese Mittel sind grundsätzlich lebensfeindlich.
  2. Im Gegensatz dazu ist die biologische Medizin bestrebt, Heilung und Verhütung von Krankheiten den Selbstheilungskräften des Organismus zu überlassen. Sie wendet sich an den „inneren Arzt“, den jeder Organismus in sich trägt und der dafür sorgt, dass die Gesundheit trotz aller Angriffe aus der lebendigen Umwelt erhalten bleibt oder dort, wo sie gefährdet ist, wiederhergestellt wird. Sie bedient sich dabei sanfter Mittel, natürlicher Arzneistoffe und Wirkstoffe. Folgerichtig lehnt die biologische Medizin den Gebrauch starkwirkender Medikamente und Gifte für die normale Krankheitsbehandlung ab, umso mehr jede Art von Vorsorge.

Wie nun leicht erkennbar, es gibt auch im Landbau eine Schulmethode, die mit starken Medikamenten und Giften arbeitet im Gegensatz zum biologischen Landbau, der die Widerstandskraft der Kulturen gegen Schädling und Krankheit stärkt und ihre Selbstheilkräfte durch eine natürliche Ernährung von Boden und Pflanze aufruft. Folgerichtig lehnt der biologische Landbau den Gebrauch von starken Medikamenten und Giften strikt ab. Es muss entsprechend dem Vorbild der biologischen Medizin eine biologische Heilkunst der Pflanze entwickelt werden für alle jene Situationen, wenn die Umstände trotz bester Bodenbehandlung ungünstig sind. Hier ist nun das Gebiet der potenzierten, homöopathischen Wirkstoffe wie sie aus Arzneipflanzen gewonnen werden.

75. Artikel Herbst 1973

„Die innere Welt unserer Lebensmittelerzeugnisse“
Sage mir, was du isst und ich sage dir, wer du bist! In diesen schlichten Worten liegt tiefe Weisheit und echte Naturkenntnis verborgen. Unsere Nahrung ist unser Schicksal. Wir haben allen Grund, uns Klarheit über diese Wahrheit zu verschaffen. Der offene Kampf um die Wahrheit über die Lebensmittel-Erzeugung hat begonnen und wird von allen Seiten mit steigender Erbitterung ausgetragen.
Der Agrikulturchemie stehen mehr als 100 Jahre intensivster Forschung und Erprobung zur Verfügung, auf die sie sich berufen kann und sie weiß auf alle Fragen eine Antwort in ihrem Sinn. Eine spezielle landwirtschaftliche Forschung auf Basis der neuesten biologischen Erkenntnisse aber gibt es überhaupt nicht. Das wichtigste, um das es bei der Suche nach der Wahrheit über den inneren Wert unserer Lebensmittel geht, wird systematisch verschwiegen, als ob es diesen Wert nicht gebe. Es ist die Rede von Betriebsrentabilität, von der Notwendigkeit der Massenerzeugung, von der Unentbehrlichkeit der giftigen Spritzmittel. Mit keinem Wort ist da die Rede vom lebendigen Inhalt der Kulturpflanzen, von ihrer lebenden Substanz und Erbsubstanz, obwohl davon doch das Schicksal der Pflanzen, Tiere und Menschen abhängt.
Mit echter Wissenschaft, welche die Wahrheit sucht, hat das nichts mehr zu tun. Sie werden gedruckt, weil die Macht des Geldes dahinter steht. Die Entwicklung der Wissenschaft vom Lebendigen begann ursprünglich durch das bloße Anschauen der Objekte und deren Einordnung in Arten, Gattungen und Familien. Die Entdeckung der chemischen Analyse, die Erfindung des Mikroskops, die Elementar-Analyse brachte tiefen Einblick in den Stoffwechsel der Organismen und weiter zur Entdeckung und Erforschung der Grundbildungen des Lebendigen nämlich zur Entdeckung der lebenden Substanzen und Erbsubstanzen.
Die Menschheit ist ungeheuer stark gewachsen, es sind Großorganisationen und Einrichtungen zu ihrer Versorgung nötig, wie man sie in dieser Ausdehnung vorher nicht kannte. Wirtschaft, Industrie, Handel und die von ihr abhängige Zweckwissenschaft wehren sich gegen jede umwälzende Änderung und Fortschritt.
Es wird daher verschwiegen:

  1. dass der organisch-biologische Landbau zeigt, wie man ohne Gebrauch gesundheitsschädigender synthetischer Gifte eine saubere Nahrung erzeugen kann.
  2. dass im organisch-biologischen Landbau die Unkrautvertilgung durch hormonartige oder gifte Chemikalien verboten ist.
  3. dass die organisch-biologischen Lebensmittel-Erzeugnisse bezüglich des Geschmackes, des Geruches und der Haltbarkeit der üblichen Marktware weit überlegen sind.
  4. dass nur die auf natürlich lebendigem Boden ohne Treibdünger gewachsenen Pflanzen den Nahrungs-Empfängern Tier und Mensch diejenige Auswahl an lebendiger Substanz und Erbsubstanz liefern, die sie zur Erhaltung ihrer vollen Gesundheit und Erbgesundheit brauchen.

Im Kampf gegen den biologischen Landbau wird systematisch verschwiegen, dass es sich dabei um den einzigen Weg handelt, Lebensmittel von hohen inneren Werten zu erzeugen.

  1. Der Giftkampf gegen Insekten und Mikrobien ist ein Schrecken ohne Ende. Sie haben sich teilweise über die zum Menschen führenden Nahrungsketten überaus angereichert (siehe ehemals DDT, andere folgten). Wer wird alle diese Gifte überleben, wir oder die Insekten und Mikrobien, die auf Erden hundertmal älter sind, als wir und bereits bewiesen haben, dass sie resistent sein können. Daher Gebot der ersten Stunde: Hinweg mit jedem Gift aus dem Landbau, sofort und ohne Kompromiss. Der organisch-biologische Landbau beweist, dass es geht!
  2. Hormonartige und ähnliche chemisch-synthetische Wirkstoffe in den üblichen Unkrautvertilgungsmitteln bringen absichtlich den Stoffwechsel der sogenannten Unkräuter so verhängnisvoll aus dem Gleichgewicht, dass sich diese Pflanzen selbst umbringen. Da aber der Stoffwechsel der Unkräuter den gleichen Gesetzen unterliegt, wie der der anderen Pflanzen, kann nicht behauptet werden, dass die Unkrautmittel nur für das Unkraut vernichtend seien, es handelt sich grundsätzlich um lebensfeindliche Wirkstoffe, auf die der organisch-biologische Landbau kompromisslos verzichtet.
  3. Wem der enorme Unterschied zwischen üblicher Marktware und biologischer Lebensmittel bezüglich Geschmack und Geruch nicht auffällt, der hat stark abgestumpfte Sinnesorgane, die nicht mehr fähig sind, zu schmecken und zu riechen. Der Unterschied in Geschmack und Geruch ist eindeutig Tatsache und kann nicht geleugnet werden. Objektive Beweise liefern die Prüfungen von Haltbarkeit und Lagerfähigkeit.
  4. Das eigentliche Geheimnis des inneren Wertes von Feldfrüchten und ihrer biologischen Qualität liegt in ihrem Gehalt an optimal funktionstüchtigen lebenden Substanzen und in ihrem Erbsubstanzen-Material beschlossen.

Feldfrüchte, die bei zu geringer lebendiger Bodenleistung durch Kunstdünger zum Wachstum gezwungen werden, werden mehr oder weniger aus dem Kreislauf der lebenden Substanzen ausgeschlossen und verlieren die entscheidenden Gesundheitsmerkmale: Abwehrfähigkeit und Fruchtbarkeit. Den gleichen Verlust erleiden alle diejenigen Tiere und Menschen, die von entarteten Pflanzen leben, sie sind ihrerseits hilflos der zunehmenden Entartung preisgegeben. Wer noch Augen hat zu sehen und Ohren zu hören, kann diese Entartungserscheinungen in der hochzivilisierten Menschheit überall beobachten. Sie beziehen sich immer auf den ganzen Menschen auf Geist, Seele und Körper gleichermaßen. Hier liegt die eigentliche Ursache des Niederganges der menschlichen Kultur.
Die höchste Aufgabe der Naturwissenschaft wäre es, diese tieferliegenden Zusammenhänge Schritt für Schritt zu beweisen und damit die schicksalhafte Abhängigkeit des Menschen vom Kreislauf Boden – Pflanze – Tier und Mensch zur Richtschnur für die zukünftige Lebensordnung der Menschen zu erheben.
Das wäre der einzig richtige Weg um zu erkennen, dass der innere Wert eines Lebensmittels nicht in ihrem materiellen Stoffgehalt zu sehen ist, sondern in den Gestaltungskräften, welche die Materien bewegen, nämlich in den Kräften der unversehrten lebenden Substanzen und Erbsubstanzen.
Nur so ist der Wert unserer Feldfrüchte und des biologischen Landbaues überhaupt zu kennzeichnen und nur so kann die Biologie als Wissenschaft vom Lebendigen den Fortschritt erkämpfen, den die Menschheit bitter nötig hat, will sie der weiteren Entartung entgehen.

74. Artikel Sommer 1973

„Nur Leben erzeugt Leben“

Von Erde bist du genommen und zu Erde sollst du wieder werden – was dazwischen liegt ist unser Leben. Was ist es, dieses rätselvolle „Leben“, das uns erfüllt und umgibt?
Das ist die Frage, die sich die Menschen aller Zeiten gestellt haben und die vor allem derzeit uns angeht, die wir als Hüter des Lebens angetreten sind. Jedes Zeitalter hat auf seine Weise und mit seinen Mitteln versucht das Naturwunder „Leben“ zu begreifen. In unserem Zeitalter hat erstmalig die ebenfalls erstmalige Naturwissenschaft die Geheimnisse der Materie, des Stofflichen, des Trägers des Lebens bis beinahe ins Letzte entschleiert und damit auch den stofflichen Bestand der Lebewesen, ihren „Stoffwechsel“, ihre Stoffbildungen zum Zwecke von Vererbung und Fortpflanzung fast bis in alle Einzelheiten hinein klargelegt. Materiell gesehen ist die Erscheinung „Leben“ für die Naturwissenschaft kaum noch ein Geheimnis.
Die Naturwissenschaft war mit der Erforschung jedweder Materie so beschäftigt, dass die Erscheinung des wirklichen Lebens in Vergessenheit geriet. Die Grundgesetze des wirklichen Lebens lassen sich jedoch an der Materie allein nicht deuten. Das Leben war vorher, vor allem Stofflichen und es ist nachher, sobald es die irdisch-stoffliche Gestalt verlassen hat, das Leben ist ewig. Das Geheimnis Leben ist hinter der Erscheinung „Lebewesen“ (materieller Träger) zu suchen als sein augenblicklicher Ausdruck. Es kann nur gedacht und niemals stofflich bewiesen werden, Leben kann nur vom Leben selbst geschaffen werden, wir Menschen können das nicht. Wir können es allenfalls manipulieren in irgendeine Richtung, wie zB. unsere Kulturpflanze, unsere Tierzüchtungen.
Alle Lebewesen bestehen aus Zellen, diese Zellen sind winzige Gehäuse für lebende Substanzen, die ihrerseits Art, Gestalt und Funktion einer jeden Zelle bestimmen. Das Lebendigsein eines Organismus baut sich auf aus dem Leben aller ihrer lebenden Substanzen. Letzten Endes ist es also die lebende Substanz, die Leben vermittelt und Leben weiterträgt. Es wurde durch unzählige Experimente bewiesen, dass die lebenden Substanzen den Tod der Zelle unter natürlichen Umständen ohne Ausnahme überleben. Seitdem galt die lebende Substanz als kleinste Lebenseinheit. Man nennt es heute DNS, ausgeschrieben Desoxyribonukleinsäure, der Bezeichnung der Biochemiker folgend.
Diese kleinste Einheit des Lebendigen ist so klein, dass die lebende Substanz der ganzen Menschheit beinahe in einem Fingerhut Platz hätte und sämtliche lebende Substanz auf der Erde, dh. die Substanz von Menschen, Tieren, Pflanzen und Mikroben würde, wie Biochemiker ausgerechnet haben, einen guten Liter ausmachen. Man darf annehmen, dass die Menger aller lebenden Substanzen auf der Erde begrenzt ist und nicht wesentlich vermehrt werden kann. Es haben eben nicht mehr Lebewesen Platz auf der Erde, als es tatsächlich gibt und wenn sich beispielsweise die Menschen unverhältnismäßig stark vermehren, was ja geschieht, so geht das auf Kosten anderer Lebewesen, der Tiere und Pflanzen. Man darf aber auch annehmen, dass die Natur diese kostbare Substanz, die das Leben trägt nicht verschwendet, sondern weiterreicht von Lebewesen zu Lebewesen: „Kreislauf der lebenden Substanz“. Unser Leitgedanke, unser Bild das dem biologischen Landbaus zu Grunde liegt, hat inzwischen zahlreiche exakt wissenschaftliche Beweise gefunden.
Das Wichtigste in unseren Nahrungen ist die lebende Substanz, nur sie ist imstande Leben zu spenden, Leben zu vermitteln und zu erhalten. Im lebendigen Boden, in der Muttererde, findet sie sich in ihrer nacktesten Form, biologisch gereinigt von allen Begleitstoffen entkleidet wird sie von den Bodenbakterien aufgenommen und an die Pflanzen über die Wurzelflora weitergereicht.
Man darf sich nicht irremachen lassen durch die Tatsache, dass Lebewesen imstande sind, ohne lebende Substanz, allein mit Nährstoffen weiterzuleben. Dazu hilft vorerst die eigene ererbte Lebenssubstanz, zeigt sich aber später im Verlust von voller Gesundheit und Fortpflanzungsfähigkeit, möglicherweise erst in den folgenden Generationen. Leben kommt eben nur aus Leben.
Und dieses ist äußerst kostbar, denn wo die Menschen auch wirken, wird täglich Leben vernichtet, erstickt und vergiftet. Tagtäglich begräbt man lebendige Erde unter Beton und Asphalt, unseren Lebensraum auf Kosten der Umwelt ständig weiter auszudehnen ist das Grausamste, das auf Erden geschieht, nicht nur alle sinnlosen Kriege.
Die Wahrheit aber ist die: Wer das andere Leben vernichtet, der vernichtet sich selbst.

73. Artikel Frühjahr 1973

„Neue Forschungsergebnisse über die Ursachen des Fruchtbarkeitsschwundes bei Nutztieren“

Im organisch-biologischen Landbau ist uns aus der praktischen Erfahrung heraus seit langem bekannt, dass neben allen anderen Gesundheitszeichen im Betrieb auch der Fruchtbarkeitsschwund im Tierstall allmählich behoben wird. Dieser äußerst sich unter anderem darin, dass die Kühe seltener „rindig“ werden, dass die Zwischenkalbzeit verlängert wird, oder die Kuh „verkalbt“. Diese Krankheitserscheinungen sind aus den Intensiv-Kunstdüngerbetrieben bekannt und stellen dort eine große kostspielige Sorge dar. Die biologischen Betriebe haben diese Sorge nach wenigen Jahren der Umstellung nicht mehr. Diese Beobachtung genügt praktisch, um den biologischen Weg als richtig und notwendig auch in Bezug auf die tierische Fruchtbarkeit zu erweisen.
Was ist die Ursache dieser Gesundung? Die organisch-biologisch geführten Futterflächen erzeugen nicht nur größere Mengen an Grünfutter und Heu sondern auch eine enorme Vermehrung von nützlichen und erwünschten Kräuterarten. Es tritt ein deutlicher Wandel der Pflanzenflora ein, verursacht durch den Verzicht auf die Einmischung von Kunstdünger in die lebendigen Kreisläufe und die Pflege des lebendigen Bodenorganismus. Die tieferen Ursachen der Tiergesundheit sind in den lebendigen Vorgängen im Ablauf des Kreislaufs der lebenden und unlebendigen Substanzen zu suchen und zu erforschen. Der Weg ist von uns gewiesen auf dem man zu echten wissenschaftlichen Erkenntnissen und Fortschritten gelangen kann. Die allgemein anerkannte Wissenschaft entwickelt sich sehr langsam, sie kommt trotzdem aus sich selbst heraus allmählich zu den Wegen, die wir seit langem gehen und je eher diese Wege gegangen werden, umso größer wird die Chance, die weltweite Krise der Zivilisation als tödliche Bedrohung der menschlichen Existenz zu überwinden.
Welche diesbezüglichen Forschungen die Fruchtbarkeit der Nutztiere betreffend sind bisher von der wissenschaftlichen Seite getätigt worden?
Die wesentlichen Verlautbarungen in der wissenschaftlichen Literatur stammen aus der Tierärztlichen Hochschule Hannover, Autoren: Aehnelt, Hahn und zahlreiche Mitarbeiter 1963. Es ging dabei um die Fruchtbarkeit von Bullen auf niedersächsischen Besamungsstationen mit Bezug auf deren Futter. Futter von Betrieben mit hohen Mineraldüngerangaben erzeugte Störungen und Krankheiten der Hoden und Verschlechterung der Samenqualität. Nach grundlegender Futterumstellung (kräuterreiches Bergheu) verschwanden diese Übel.
Das gleiche Forscherteam veröffentlichte später Ergebnisse eines Kaninchen-Versuches, bei dem es ebenfalls um die Fütterung mit Wiesenheu aus unterschiedlicher Düngung ging. Eibildung und Eierstöcke bei der Fütterung mit ungedüngtem Wiesenheu doppelt so stark wie bei den Tieren von der Kunstdüngerheu-Fütterung.
Landwirtschaftliche chemische Bundesversuchsanstalt Linz/Donau, Autoren: Schiller, H. u. Mitarbeiter: Fruchtbarkeitsstörungen bei Rindern in Zusammenhang mit Düngung, Flora und Mineralstoffgehalt des Wiesenfutters. Ergebnisse wie oben.
F. Boas/München: „Die Wiese der Glückseligkeit“: Ein Stück Grünland als „Gesundungswiese“ in natürlichem Zustand zu belassen und das Futter dieser Wiese gleichsam als Heilmittel zu verwenden.
Eine weitere Annäherung: Die Überwindung der „Mineralstoff-Hypothese“, die auch heute noch keineswegs als Hypothese sondern als absolut gültige grundsätzliche Lehre betrachtet wird (die Pflanze ist nur im Stande die Mineralien in einfacher Ionenform aufzunehmen, was eine Mineralisation im Boden voraussetzt). Bei den Forschungs-Versuchen kam aber unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Fruchtbarkeit der Tiere nicht ganz allein davon abhängt, welche Mineralstoffe im Boden zur Verfügung stehen, sondern vorwiegend durch welche Pflanzen die Mineralstoffe verarbeiten, die dann dem Tier als Nahrung zur Verfügung stehen (Änderung der Wiesenflora).
Mit anderen Worten: Die Gesundheit eines Lebewesens lässt sich nicht am Mineralgehalt seiner Nahrung ablesen, zB. die Gesundheit einer Pflanze nicht am Elementegehalt des Bodens. Der lebende Organismus selbst entscheidet, er passt sich fortlaufend an. Im Übrigen soll bedacht werden, dass die lebendigen Vorgänge des Bodens und ihre biologische Qualität sich sehr genau in der Beschaffenheit der Mikroflora des Bodens widerspiegeln und das Leben dieser Mikroflora einen genauen Test bietet für die Beschaffenheit dessen, was der Boden der Pflanze als Nahrung bietet.
Was die Überwindung der Mineralstoff-Hypothese betrifft, haben in den letzten Jahrzehnten vielerlei Forschungen ganz eindeutig bewiesen, dass eine jede Pflanze, ein jedes Lebewesen überhaupt durchaus imstande ist, die Großmoleküle der lebenden Substanzen, ja sogar ganze Zellen und Bakterien in sich aufzunehmen. Die Mineralstoff-Hypothese dient nicht dem Bauern, sondern ausschließlich den Interessen der Kunstdüngerindustrie.
Neuerdings mehren sich in der Forschung die Anzeichen dafür, dass die Pflanzen ein eigenes Abwehr-System besitzen, ähnlich dem des Tieres. Um diese Abwehrsysteme in ständiger Bereitschaft zu erhalten ist die ständige Aufnahme lebender Substanz aus dem Nahrungsstrom notwendig. Eine Pflanze, die man zwingt, nur von mineralisierter Substanz (Kunstdünger) zu leben, verliert ihr Abwehrsystem und wird anfällig gegen Krankheiten und Schädlingsangriff.
Wenn also eine kräuterreiche Wiesenflora imstande ist, das Rind fruchtbar zu erhalten, oder ihm sogar die verlorene Fruchtbarkeit wiederzugeben, so spielen dabei die Stoffe, dh. die Mineralsubstanzen eine untergeordnete Rolle, sie sind Hilfssubstanzen. Entscheidend sind die lebenden Substanzen, die von einer reichhaltigen Wiesenflora vermittelt werden.
Die Fruchtbarkeit der Nutztiere ist abhängig von der Fruchtbarkeit der Pflanze und diese von der Fruchtbarkeit des Bodens, das ist eine große Wahrheit und solche sind immer einfach und klar auszudrücken.