„Bodenwissenschaft und Kunstdünger“
1. Liebing entdeckt vor ca. 150 Jahren die Fähigkeit der Pflanze wassergelöste Salzverbindungen von Elementen aus dem stets vorhandenen Bodenwasser aufzunehmen und als Nährstoff zu verwenden. Diese Erkenntnis wurde zur Grundlage aller Kunstdüngerentwicklung, die zu einem fast ausschließlich angewandten Verfahren wurde. Gestützt auf Liebigs Erkenntnis entwickelte die Kunstdüngerindustrie und ihre wissenschaftlichen Stützen den Grundsatz, dass die Pflanze nur wassergelöste Mineralverbindungen aufnehmen könne und dass diese das einzig richtige Futter für sie seien.
2. Kluge Bodenkundler aus aller Welt erhoben Bedenken:
a)Gegen eine schrankenlose Verwendung von Mineralsalzen als Hauptbestandteil einer nicht natürlichen Dündung und damit die Gefahr der Überdüngung
b) Es wurde beobachtet: Der Verfall der Krümelstruktur, eine vermehrte Bildung ungebundener mineralischer Feinsubstanz mit Verkrustung, Vorschlämmung und Verdichtung der Böden, Verschwinden der Regenwürmer, Abhängigkeit von regelmäßigen Niederschlägen steigt, Kunstdüngerböden verarmen an Mikroorganismen, Schädlinge und Pflanzenkrankheiten wurden allmählich zu einer alljährlich und überall drohenden Gefahr, gegen die man mit teils schweren Giften zu Felde ziehen musste, ohne ihrer Herr zu werden. Dies allein sollte zu denken geben, das im Düngesystem schwere Fehler zu suchen sind.
3. Ein solcher ist die zwangsweise Verabreichung von oft stoßweise zugeführten Salzen, die die Pflanze zum Geilwuchs treiben. Ein solcher ist die totale Vernachlässigung des Bodens und seines Lebens, seine Herabsetzung zum Pflanzenstandort. Jede Bodenwissenschaft wird überflüssig gemacht und mit ihr das tausendfältig wechselnde organisch produktive Leben des Erdbodens.
4. Es gibt im natürlichen lebendigen Boden von selbst kaum nennenswerte Mengen wasserlöslicher Mineralien. Was die Pflanze für den Aufbau ihres Organismus und zur Bindung ihrer Wirkstoffe braucht, holt sie sich durch einen echten Verdauungsvorgang selbst aus dem Boden und seinen unlöslichen Mineralien heraus. Der Kunstdünger vermag niemals die aktive Arbeit des Organismus Pflanze nur annähernd zu imitieren und die Mineralaufnahme so fein zu regulieren, wie es die gesunde Pflanze auf dem gesunden Boden von selbst tut.
5. Der Organismus Pflanze ist auf den Organismus Boden angewiesen, aus ihm holt sie ihre Nahrung, der Organismus Boden ist aber genauso auf den Organismus Pflanze angewiesen, die Wurzelhaare der Pflanze sind das Futter der Bodenmikroorganismen, ohne Wurzeltätigkeit der Pflanze stirbt der Boden, es tritt Inkohlung (Vertorfung) ein. Der Kunstdünger zerstört dieses grundlegende Kräftespiel zwischen den Organismen.
6. Man muss der Pflanze die Auswahl der Mineralstoffe selbst überlassen, soll sie gesund bleiben. Jede Überdosierung führt zu Schädigungen, Versuche mit wasserlöslichen Spurenelementen haben das deutlich gezeigt. Es ist daher schwer, wenn nicht unmöglich, die Salzdünger so zu dosieren, dass die Dosis den natürlichen
Wachstumsgesetzen und Ansprüchen der Pflanze entspricht. Gibt man aber der Pflanze Gesteinsmehle, die die Spurenelemente in ihrer ursprünglichen ungelösten Form enthalten, so löst sie sich das heraus was sie braucht und nicht mehr, alles zuviel bleibt in ungelöster Form im Boden.
7. Versuche auch in USA haben ergeben, dass Pflanzenwurzeln imstande sind, Mineralien auch ohne Vermittlung des Wassers aufnehmen zu können. „Wenn der Humus keine wassergelösten Mineralsalze enthält, wenn eine zu große Gabe von Salzen zu Überdosierung und Schaden der Pflanze führen kann, wenn die nicht-löslichen Mineralien aber niemals zur Überdosierung in der Pflanze führen und wenn schließlich nachzuweisen ist, das die Pflanze Mineralien sogar ohne Wasser in ihre Säfte überführen kann, dann muss die Meinung der Kunstdüngerwirtschaft „Die Pflanze bedürfe zum Leben wassergelöste Mineralien“ falsch sein. Folglich ist die Kunstdüngung ein nicht-natürliches Düngeverfahren und widerspricht den Wachstumsgesetzen.
8. Eine weitere Behauptung der chemisch anorganischen Düngelehre: Die Pflanze kann keine organische Substanz aus dem Boden aufnehmen. Diese Behauptung ist von einer ganzen Reihe von Forschern in Europa und USA, beginnend bei Virtaanen mehrfach widerlegt worden. Die Versuche haben ergeben, dass die Pflanze alle organischen Riesenmoleküle bis zu den größten unverändert als Nahrung verwertet.
Alle Lebewesen können organische Substanz von anderen Lebewesen empfangen und verwerten. Diese organische Nahrung wird der Pflanze vom Boden vorbereitet, sie gedeiht daher umso vollkommener je mehr sie sich auf die Vorarbeit des lebendigen Bodens verlassen kann, der ihr die Nahrung reicht. Aufgabe der Düngung ist also Bodenpflege: Düngen heißt nicht die Pflanze füttern, sondern den Boden lebendig machen (Dr. Caspari). Toter Salzdünger kann nur Mineralstoffe vermitteln, nicht aber organische Substanz. Die Zeit ist nicht mehr fern wie es scheint, da wir zu Humuswirtschaft in einer modernisierten Form zurückkehren werden.
9. Was man Humus nennt, ist die Stätte an der die Pflanzennahrung bereitet wird. Das ist der Organismus, der die letzte Vorarbeit leistet für die vollkommenere Ernährung
der Pflanze besser als es die beste chemische Fabrik jemals können wird.
Was aber ist Humus?
Bildung der Krümelstruktur und Bildung der Gare sind identisch mit einer echten Humusbildung. Krümel ist eine Ehe zwischen Mineral und lebendiger Substanz.
Humus ist ein lebendiges Gewebe, das Unterste im Mineralreich, identisch mit den höheren im Pflanzen- und Tierreich. Der Humus hat eine Art von Gefäßsystem in Form von Hohl- und Kapillarräumen, in denen Wasser, Kohlensäure, Sauerstoff, Stickstoff und Mikroben bewegt werden und das die Atmung des Humus sichert. Zu seinem Wachstum braucht das Humusgewebe bestimmte Mineralien, die wichtigsten sind Ton und Kalk sowie ein Angebot lebendiger Substanz, die aus dem Zerfall niederer und höherer Organismen hervorgeht. Der Humus bildet sich nur in Gegenwart der Elemente Silizium und Kohlenstoff, ein offensichtlicher Hinweis das die Bildung des Gewebes Humus bereits in einem Zeitalter erfolgte, in der das Silizium noch eine größere Rolle gespielt hat als der Kohlenstoff. Heute ist es in der lebendigen Welt umgekehrt. Die lebendige Substanz gebildet aus dem Zerfall von organischer Masse muss jedoch einen Reifungsprozess durchmachen, durch Bakterien und Pilze, ehe sie die Fähigkeit zur Krümelbildung erlangt. Voraussetzung für die Humusbildung ist also neben den mineralischen Baumaterialien die Reifung der lebendigen Substanz bis zur Krümelfähigkeit und damit zur Vollwertigkeit als biologische Pflanzennahrung.
10. Wird der Lebensprozess der Humusbildung durch Mineralsalze gestört?
Wasserlösliche Mineralien verschieben unmittelbar das elektrische Potential des Bodens und damit die Lebensbedingungen für die Bodenkolloide. Wer kunstdüngt vernachlässigt den Boden weil er ihn nicht mehr braucht, er füttert ihn nicht mehr mit organischer, mit lebender Substanz, ohne sie aber gibt es keine Humusbildung. Die Humusbildung wird durch die Kunstdüngung zwar nicht sofort, im Verlauf mehrerer Jahre aber mit Sicherheit verhindert, weil Letztere ebenso brutal in das Wachstum des Gewebes Humus eingreift wie in das Wachstum des pflanzlichen Gewebes.