Alle Beiträge von Franz Prinz

97. Artikel Winter 1979 und 98. Artikel Frühjahr 1980

„Es geht um die Substanz des Menschen“

„Zerstöre mir meine Kreise nicht!“, so rief Archimedes, Wissenschafter des Altertums, als ein Landsknecht seine Zeichnungen zertrampelte. Es war sein letztes Wort, der Krieger erschlug ihn kurzerhand. Dieses historische Gleichnis kommt mir in den Sinn, wenn ich sehe, wie wir uns hier um wissenschaftliche Wahrheiten bemühen, derweilen draußen die Menschen ihre lebendige Umwelt Stück für Stück vergewaltigen und blindlings in ihr Verderben rennen. Deshalb meine ich, es sei unsere Aufgabe, uns nicht nur mit biologischen Fachfragen zu beschäftigen, sondern auch mit den Schicksalsfragen der Menschheit und der Bedrohung ihrer Existenz.

Es sollte niemand mehr daran zweifeln, dass die Menschheit tatsächlich in ihrer Existenz tödlich bedroht ist, nicht etwa nur durch die Atombombe nicht nur durch Umweltverschmutzung, nicht nur durch kalte und heiße Kriege, sondern durch den Verlust ihrer Substanz. Es geht um den Menschen als geistiges, seelisches und körperliches Wesen, um seine Kultur und um die Gesundheit der menschlichen Gesellschaft. Es ist für uns Ärzte nicht mehr damit getan, dass wir das Problem den anderen überlassen, den Politikern etwa oder den Verwaltungsbeamten, den Pädagogen oder den Volkswirtschaftern – wir hier sollten uns berufen fühlen, denn wir haben die Möglichkeit, die Pathologie der menschlichen Entartung zu durchschauen.

Vor die Therapie haben die Götter die Diagnose gesetzt. Es ist also die Frage: Was hat die Menschen dazu gebracht, sich so unvernünftig, so widernatürlich, so selbstmörderisch zu verhalten? Die Menschen könnten doch heutzutage wissen, wie sie leben müssten, um gesund zu sein und gesunde Nachkommen zu haben, aber sie tun es nicht. Die Politiker müssten doch wissen, dass es nun mehr geht als um Partei -ideologien und Wirtschaftswachstum, um Währungsprobleme und wirtschaftlichen Wohlstand. Jeder Arzt sollte doch heutzutage versuchen, diese widernatürliche Medikamenten-Medizin zu überwinden, er hat doch genug der Beispiele für eine bessere Heilkunst vor Augen, aber er klammert sich ans Gewohnte und Althergebrachte. Jeder Landwirt sollte doch endlich begriffen haben, wie bedenklich und verderblich diese Kunstdünger- und Giftwirtschaft ist, er sollte doch allmählich ein schlechtes Gewissen bekommen, wenn er seinen Mitmenschen diese entartete und vergiftete Nahrung verkauft, aber er bleibt dabei, trotz so vieler Beispiele des biologischen Landbaues. Und die Wissenschaft? Sie verschwendet alljährlich viele Milliarden, um die überlieferten Halbwahrheiten zu konservieren. Wo man auch hinschaut – es ist überall dasselbe: Die Menschen verhalten sich, als hätten sie sich selbst aufgegeben Warum tun sie das?

Das alte Testament sagt es mit einem Wort: „Wen der Herr vernichten will, den schlägt er mit Blindheit.“ Das Entartete rottet sich selbst aus. So will es ein unerbittliches Naturgesetz. Wer blind ist, sieht nicht mehr das Physiologische, hat keinen blick mehr für das biologische Optimum, für das Gesunde und seine Symptome. Er vermag nicht mehr zu sehen, dass mit dem Schwund der körperlichen Gesundheit auch die menschliche Kultur verfällt, dass das Abnorme und Abwegige triumphiert, dass sich das Hässliche und Schmutzige ausbreitet. Wer mit Blindheit geschlagen ist, verliert den Sinn für biologische Vernunft, verliert Geist und Seele zugunsten eines geist- und seelenlosen Intellekts. Wo aber der kalt-rechnende Intellekt regiert, da stirbt das Herz, da stirbt alles, was den Menschen ausmacht vor allem anderen Lebendigen auf der Erde. Das ist der Anfang vom Ende. Ich glaube nicht daran, dass allein die Entwicklung einer einseitigen Naturwissenschaft und Technik daran schuld ist, wie man öfters hört. Ich glaube nicht, dass dies allein zur einseitigen Entwicklung des Intellektes, zum materialistischen Egoismus und zur Krankheit der menschlichen Gesellschaft führt. Ich glaube vielmehr, dass auch das schon Merkmal der biologischen funktionalen Entartung ist. Deshalb, meine ich, ist es unsere Aufgabe, über die Mechanismen der Arterhaltung und der Entartung nachzudenken und die Wege zur Überwindung der Entartung zu erschließen.

Nehmen wir als Beispiel den sogenannten Abbau der Kulturpflanzen, jener Pflanzen also, von denen wir und unsere Haustiere leben. Diese Pflanzen betrachtet die Natur ohnehin mit Argwohn, denn sie sind künstliche Züchtungen. Als man aber damit begann, diese Pflanzen auch noch künstlich zu ernähren, wurde der Argwohn der Natur zur offenen Feindschaft. Seitdem bemüht sie sich, diese entarteten Geschöpfe mit allen ihren Mitteln auszurotten. Heere von Insekten, Bakterien, Pilzen und Viren, Schwund der Fruchtbarkeit von Boden und Pflanze, Verlust der Abwehrfähigkeiten, pathologische Verschiebung der Bakterienfloren, Verlust von Geruch und Geschmack der Früchte. Und die angeblich hochwissenschaftliche Reaktion, die man wirklich nur primitiv nennen kann: Entwicklung und Anwendung riesiger Mengen fürchterlichen Giften und lebensbedrohenden Medikamenten. Die Landwirtschaft wurde zum größten Umweltverschmutzer aller Zeiten.

Das Gegenbeispiel ist der sogenannte biologische Landbau. Hier wurde – trotz ungünstigster Umwelt und gegen erbitterten Widerstand – die Kulturpflanze wieder in die natürlichen Substanzkreisläufe hineingestellt. Sie antwortet prompt, indem sie ihre naturgegebenen Leistungsfähigkeiten wiedergewinnt: Fruchtbarkeit, Abwehrfähigkeit, Schmackhaftigkeit, Haltbarkeit – kurz: Sie überwindet die Entartung. Und nicht nur das: Auch im Tierstall kehrt die spontane Gesundheit und Fruchtbarkeit wieder. Seine Leistungen steigern sich, die Rentabilität ist gesichert und steigt konsequent von Jahr zu Jahr an. In einem solchen Tierstall hat der Veterinär keine Sorgen mehr, die Tiere sind von selbst gesund.

Es stellt sich hier die Frage, wie es die Natur fertigbringt, fortlaufend die Entartung zu überwinden und optimale Lebensleistungen zu erzeugen. Die Antwort wurde gefunden dank einer jahrzehntelangen Grundlagenforschung, die das „Gesetz von der Erhaltung der lebendigen Substanz“ entwickelte. – Publiziert in der „Wiener medizinischen Wochenschrift 1951“ – und dem Kreislauf der lebendigen Substanzen als Arbeitshypothese in unseren medizinischen und landbaulichen Arbeitskreisen zu realisieren versucht – mit überraschendem Erfolg.

Es geht dabei – in aller Kürze – um folgendes: Organismen bestehen aus Zellen, das heißt aus Gehäusen, in denen lebende Substanzen wirken. Die Funktion eines jeden Organismus hängt von der Funktion ihrer lebenden Substanzen ab. Sobald Teile dieser Substanz-Garnituren unbrauchbar werden, werden sie abgestoßen und aus dem Stoffwechselangebot durch neue und taugliche ersetzt. Das ist der Vorgang der Zellregeneration.

Der Vorgang setzt voraus, dass die Zelle sich dessen bewusst ist, was sie zur Regeneration braucht. Sie muss wissen, was physiologisch, was pathologisch ist. Dieses Zellbewusstsein entspricht immer dem biologischen Optimum.

Zugleich aber muss eine jede Zelle ein Organismus-Bewusstsein besitzen, sie muss wissen, dass sie im Interesse des Ganzen handeln muss, sie muss sich ihm unterordnen. Experimente, bei denen aus einzelnen Zellen der ganze Organismus heruaswächst, könnten nicht gelingen, wenn nicht in jeder Zelle der Plan des Ganzen stecken würde. Die Lymphozyten, die den Transport spezifischer lebender Substanz zu bewirken haben, bringen sie mit Sicherheit genau dorthin, wo sie hingehören. Kein Organismus könnte in Ordnung bleiben, wenn seine Zellen kein Organismus-Bewusstsein hätten.

Die ganze lebendige Schöpfung könnte nicht intakt bleiben, wenn nicht jedem einzelnen Lebewesen, ja jeder ihrer Zellen eine gemeinsame biologische Vernunft innewohnen würde. Denn nur sie ist es, die „die Welt im Innersten zusammenhält“. Die materiell fassbare Darstellung der schicksalhaften Verknüpfung aller Lebewesen auf Erden aber heißt „Lebendige Substanz“.

Und nun zurück zu der Frage, wie eine Entartung von Zellgeweben von Organismen und ganzen Organismus-Gesellschaften wie die des Menschen zustande kommt.

Man weiß heute, dass es viele Tausende von Entartungsmöglichkeiten gibt, ganz gleich ob in der Muttererde oder innerhalb der Organismen, wie zB. durch Anheften von Fremdstoffen oder radioaktive Strahlung. Wir müssen uns vorstellen, dass heute im Kreislauf der lebenden Substanzen der Anteil an abwegigen pathologischen Großmolekülen durch den Gebrauch riesiger Mengen an synthetischen Giftstoffen so groß geworden ist, dass die biologischen Selbstreinigungs-Einrichtungen der Natur nicht mehr ausreichen, ganz ähnlich wie die Selbstreinigung der Flüsse großteils zusammengebrochen ist.

Gesundheit im weitesten Sinn ist nichts anderes als der Besitz optimal leistungsfähiger lebender Zellsubstanz. Natürlicher Weise kann der Organismus diesen seinen kostbaren Besitz bewahren, indem abgebrauchte oder verdorbene Lebendsubstanz und Erbsubstanz ausgetauscht wird, vorausgesetzt, dass ihm im Nahrungsangebot genügend unversehrte Substanz zur Verfügung steht. Das ist nicht mehr der Fall, echte Regeneration ist im Bereich der Hochzivilisation nicht mehr möglich, die Konsequenz ist die zunehmende Degeneration als Massenphänomen in allen denkbaren Variationen als körperliches, seelisches und geistiges Gebrechen. Da die Entartung erblich ist, sind dem Versuch einer Regeneration von vornherein Grenzen gesetzt, sie könnte nur in vielen Generationen überwunden werden. Das wenige, was derzeit unter dem Schlagwort „Umweltschutz“ geschieht, reicht dazu nicht aus, es ist nicht mehr, als der bekannte Tropfen auf dem heißen Stein.

Was müsste geschehen? Was können wir Ärzte tun, um der Entartung Einhalt zu gebieten? Das Aufkommen einer biologischen Heilkunst hat sehr zur Aufklärung der Menschen beigetragen, weiters die geduldige Erziehung zur vernünftigen, natürlichen Lebensführung, die ständige Warnung vor vergifteter Nahrung, vor bedenklichen, vor allem synthetischen Medikamenten.

Sehr hilfreich der überall im Wachsen begriffene biologische Landbau; das Verlangen nach einem eigenen Garten ohne Gift und Kunstdünger. Die Besinnung vieler Bauern auf ihre Pflicht ihren Mitmenschen gesunde Nahrung zu liefern.

Es wurden darüber hinaus Heilverfahren mit ausgesprochen regenerativer Wirkung entwickelt, die sogenannte Bakterientherapie (Symbioselenkung), fußend auf den physiologischen Bakterien, die vom Boden bis zum Menschen überall vorkommen und ausgesprochen regenerative Wirksamkeit haben.

Ich persönlich habe seit geraumer Zeit am Problem der Entartung gearbeitet und glaube das Recht zu einem gewissen Optimismus zu haben. Die Dinge sind immerhin in Fluss gekommen, das biologische Gewissen rührt sich allenthalben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Schöpfung den von ihr geschaffenen Menschen ohne weiteres, ohne jede Chance, kläglich an seiner eigenen Degeneration zugrundegehen lässt. Es gehört zum Wesen des Lebendigen, dass es entgegen dem Strom der materiellen Entropie wirkt, dass es also ständig nach Regeneration strebt.

 

96. Artikel Herbst 1979

„Die heilende Kraft des Lebendigen“

Die Naturwissenschaft von gestern, welche die gegenwärtige Lebensordnung geschaffen hat, machte vergessen, dass sie den Odem Gottes nicht hat und niemals haben wird. Allein aus diesem einzigen großen Irrtum heraus, sind die Voraussetzungen für die große Krise entstanden, der die weiße Menschheit entgegengeht, wenn sie nicht noch beizeiten radikal umzudenken versteht.

Es war die große entscheidende Frage: Wird die Wissenschaft imstande sein, rechtzeitig ihre Erkenntnisse so zu erweitern, dass endlich der Materialismus in seine Schranken verwiesen wird. Die Frage musste damals verneint werden. Es war abzuschätzen, dass die Forschung wahrscheinlich erst in 50 Jahren soweit sein kann. Bis dahin und sicher weit darüber hinaus werden die Lebensordnungen der Menschen von der Materie und ihren Gesetzen diktiert werden und bis dahin wird die Verderbnis der Grundgesundheiten in der lebendigen Natur und die Dezimierung der Erbsubstanzen als allgemeine Entartung in Erscheinung treten, vielleicht sogar in einem Ausmaß die eine Regeneration nicht mehr zulässt.

Wer Augen hat zu sehen, wird die schleichende Entartung in den Industrienationen heute erkennen. Sie tritt als Verfall von Moral und Sitte, als Zerstörung der Familie, als Landflucht, als sinnloser Egoismus und Individualismus und in vielen anderen Formen beim Menschen ja deutlich genug in Erscheinung. Wenn das so weitergeht, wird der Mensch dem unerbittlichen Gesetz der Ausmerzung des Lebensunwerten zum Opfer fallen.

Die Naturwissenschaft aber vermag – trotz aller erstaunlicher Fortschritte – bis heute nicht die Direktiven für die Errettung des Menschen vor der Vernichtung auszugeben. Sie hat die überragende Bedeutung des Lebendigen für die Grundgesundheiten alles Lebenden nicht rechtzeitig erkannt, weil seinerzeit vor 50 Jahren ausreichende exakte Forschungsgrundlagen fehlten.

In dieser Situation musste der Entschluss gefasst werden auch ohne ausreichende Grundlagen dem Prinzip des Lebendigen Rechnung zu tragen und Methoden zu entwickeln, mit denen unmittelbare praktisch verwretbare Direktiven (Arbeitsangaben) erarbeitet werden konnten.

Der Entschluss entgegen den Gebräuchen der Naturwissenschaft auf mangelhafter Basis Gesetze und Thesen aufzustellen, dieser Entschluss ist mir nicht leicht gefallen. Es galt immerhin als Hochschullehrer die Universität zu verlassen und sich der Gefahr auszusetzen, von den „Offiziellen“ verkannt und verspottet zu werden, wie es denn auch geschah.

Um vorläufige Unterlagen für die Bedeutung des lebendigen Prinzips zu bekommen, fanden wir die Möglichkeit zur Forschungsarbeit im Laboratorium von Arthur Becker, dem eigentlichen Begründer der heutigen Bakterientherapie. Das Labor wurde von der Familie Leitz-Wetzlar finanziert, die forschrittlichen Gedanken gegenüber sehr aufgeschlossen war. Die notwendige Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit war bei Hans Kolb und Helmut Mommsen in besten Händen. Auf diese Weise konnte nach dem Tod von Arthur Becker und der Auflösung seines Labors 1953 ein eigenes Laboratorium in Herborn begründet und die Forschung weitergeführt werden.

Für die Bodenforschung als erste Grundlage für den biologischen Landbau fanden wir schon seit 1951 die so wertvolle Unterstützung durch Dr. Hans Müller, dem Leiter einer Landbauorganisation, die inzwischen in vielen Ländern Fuß gefasst hat. So konnte vor allem eine Methode ausgearbeitet wreden, die nach Art und Kosten zur breiten Anwendung im Landbau geeignet ist, zuverlässige Aussagen über Intensität und biologische Qualität des Bodens gibt und sich zur Kontrolle der Böden in umgestellten Betrieben eignet.

Das Entscheidende war für uns die Forschung mit der wir 1949 begannen. Als erste größere Mitteilung erschien 1951 in der „Wiener medizinischen Wochenschrift das „Gesetz von der Erhaltung der lebendigen Substanz“. Zwei Jahre später erschien im Hartmann-Verlag Zürich mein Buch mit dem anspruchsvollen Titel: „Naturwissenschaft von morgen“, das aus meinen Vorträgen vor europäischen Universitäten besteht und in dem vor allem meine These von „Kreislauf der lebendigen Substanz“ erläutert ist.

Diese These hat nun seitdem in vielerlei Einzelheiten ihre Bestätigung durch die Makromolekular-Biologie und die Biogenetik bekommen. Damals aber hatten wir solche Kenntnisse über die lebende Substanz nicht zur Verfügung; wir hatten nur die Möglichkeit sie im Licht- und Fluoreszenzmikrosop in ihrem Kreislauf zu verfolgen. Dabei wurde auch erkannt, dass die sogenannten physiologischen Bakterien wichtige Überträger zwischen dem lebendigen Boden und allen lebenden Organismen bis hin zum Menschen darstellen – Überträger der lebenden Substnazen und Erbsubstanzen.

Immerhin bekamen damit die verschiedensten Richtungen in der Naturheilkunst und im biologischen Landbau eine erste naturwissenschaftliche Rechtfertigung. Schon damals wurde mit sicherem Instinkt die Heilkraft der natürlich gewachsenen, nicht künstlich getriebenen und nicht begifteten Nahrung als Rohkost erkannt.

 

95. Artikel Sommer 1979

„Nur Leben erzeugt Leben“

Jedes Zeitalter hat auf seine Weise und mit seinen Mitteln versucht das Naturwunder „Leben“ zu begreifen. Es ist eine Frage, die alle Menschen angeht, vor allem aber uns, die wir als Hüter des Lebens angetreten sind.

Die Naturwissenschaft hat die Geheimnisse der Materie, des Stofflichen bis beinahe ins letzte entschleiert und damit auch den stofflichen Bestand der Lebewesen. Materiell gesehen ist die Erscheinung „Leben“ für die Naturwissenschaft kaum noch ein Geheimnis. Was aber völlig übersehen wurde, war, dass die Erscheinung „Leben“ und die Grundgesetze des „Lebens“ an der Materie allein nicht gedeutet und nicht erkannt werden können, denn das Stoffliche ist nicht mehr als ein Diener des Lebens, der dazu dient, die Gestaltung des Lebendigen zu formen.

Das Leben war vorher vor allem Stofflichen und es ist nachher, sobald das Leben die irdisch-stoffliche Gestalt verlassen hat. Das Leben ist ewig, es ist Geistiges, das der Materie nur bedarf, wenn es sich für uns sichtbar darstellen soll. Das Geheimnis „Leben“ ist also in Wirklichkeit hinter der Erscheinung „Lebewesen“ zu suchen, es kann nur gedacht, aber niemals stofflich bewiesen werden.

Leben kann nur vom Leben selbst geschaffen werden. Wir Menschen können nicht Leben schaffen. Wir können es allenfalls manipulieren in irgendeiner gewollten Richtung, zB. sind unsere Kulturpflanzen solche Manipulationen. Sobald aber unsere Manipulationen zu weit gehen, ruft uns der Wächter über das Leben in seiner höheren Weisheit zur Ordnung und sorgt dafür, dass diese Geschöpfe des Menschen zugrunde gehen. Kunstgedüngte Kulturen werden vom Schädling befallen und so ausgetilgt, außer man besprüht sie mit Gift. Auch der Kulturpflanzenzüchter geht von Wildgewächsen aus, also vom Lebendigen, wenn Kunstzüchtung Abbauerscheinungen zeigt, muss auf Wildlinge zurückgegriffen werden, also auf die Vorräte des Lebendigen.

Alle Lebewesen bestehen aus Zellen, bis hinab zum einzelligen Lebewesen, der Mikrobe. Diese Zellen sind samt und sonders nichts anderes als winzige Gehäuse für lebende Substanzen, die in ihrer Gesamtheit die Art, die Gestalt und die Funktionen einer jeden Zelle bestimmen. Das Lebendigsein eines Organismus baut sich also auf aus dem Leben aller seiner Zellen und das Lebendigsein einer jeden Zelle baut sich auf aus dem Leben aller ihrer lebenden Substanzen. Letzten Endes ist es also die lebende Substanz, die Leben vermittelt und Leben weiterträgt.

Die frühere Annahme, die bis in die Gegenwart verkündet wurde, dass die Zelle als kleinste Einheit des Lebendigen bei ihrem Tod mineralisiert werde, dh. zu ihren leblosen Mineralbestandteilen abgebaut werde, wurde durch unzählige Experimente widerlegt dahingehend, dass die lebenden Substanzen den Tod der Zelle unter natürlichen Umständen ohne Ausnahme überleben. Seitdem gilt die lebende Substanz als kleinste Lebenseinheit. Man nennt es heute DNS, ausgeschrieben Desoxyribonukleinsäure, der Bezeichnung der Biochemiker folgend.

Diese kleinste Einheit des Lebendigen ist so unendlich klein, dass sämtliche lebende Substanz auf der Erde, dh. die Substanz von Menshcen, Tieren, Pflanzen und Mikroben, würde wie Biochemiker ausgerechnet haben, einen guten Liter ausmachen.

Man darf annehmen, dass die Menge aller lebender Substanz auf der Erde begrenzt ist und nicht wesentlich vermehrt werden kann, da sich die Lebensräume der einzelnen Arten von Lebewesen gegenseitig begrenzen. Wenn sich zB. der mensch unverhältnismäßig stark vermehrt, wie es ja geschieht, so geht dies auf Kosten anderer Lebewesen, der Tiere und Menschen.

Man darf aber auch annehmen, dass die Natur diese kostbare Substanz, die das Leben trägt, nicht verschwendet, sondern weiterreicht von Lebewesen zu Lebewesen: „Kreislauf der lebendigen Substanz“. Und dieser neue Leitgedanke, der uns durch die letzten Jahrzehnte unserer Arbeit geführt hat und unserem Bild vom biologischen Landbau zugrundeliegt, hat inzwischen zahlreiche exakt-wissenschaftliche Beweise gefunden.

Letzten Endes ist also in unseren Nahrungen das wichtigste die lebende Substanz, denn sie ist die einzig feststellbare Substanz in der Nahrung, die imstande ist, Leben zu spenden, Leben zu vermitteln und zu erhalten. Im lebendigen Boden, den man zurecht „Muttererde“ nennt, findet sie sich in ihrer „nacktesten“ Form und wird einer biologischen Reinigung unterzogen, von allen Begleitstoffen entkleidet. In dieser Form wird sie von den Bodenbakterien, soweit sie als „Wurzelflora“ mit Pflanzen in Beziehung steht, aufgenommen und in die Pflanze weitergereicht. So kommt sie dann letzten Endes im ewigen Kreislauf auch wieder zu uns Menschen.