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87. Artikel Herbst 1976

„Die Bewährungsprobe“

 Seit Justus v. Liebig im vorigen Jahrhundert entdeckte, dass die Pflanzen ihre mineralischen Baustoffe in Salzform aus dem Boden aufnehmen, ahnte er erst in seinem Alter, was er damit in Gang gebracht hatte und versuchte – vergeblich – den unheilvollen Irrweg der Kunstdüngung zu verhindern. Vor allem die Produktion des synthetischen Stickstoffs wurde vorangetrieben. Niemand hat wohl damals wirklich gewusst, was letzten Endes daraus entstehen würde.

Der große Einbruch in die Landwirtschaft erfolgte Anfang des 20. Jahrhunderts. Bestechend wirkte das rasche üppige Wachstum, ganz besonders bestechend die Tatsache, dass sich mit Hilfe des Kunstdüngers schon im ersten kalten Frühjahr Wachstum erzielen lässt, obwohl die Voraussetzungen für ein natürliches Wachstum noch nicht gegeben sind.

Der Pferdefuß der Kunstdüngung war noch nicht offenbar geworden, weder der Sortenschwund, noch der Abbau der Widerstandskraft gegen Krankheit und Schädlinge und der Zwang zur Giftspritzerei. Ahnungslos übernahmen die Bauern das so einfache Verfahren. Die Kunstdüngerindustrie-Umsätze stiegen nach dem ersten Weltkrieg so stark an, dass sich eine neue Großindustrie entwickelte, die in alle Welt expandierte und Heeren von Arbeitern, Angestellten, Vertretern und wissenschaftlichen Fachkräften Arbeit und Brot verschaffte. Die Kunstdünger-Industrie wurde zu einem der größten Unternehmen der Welt, einschließlich der später hinzutretenden Spritzmittelproduktion und hatte die Macht des Geldes auf ihrer Seite.

Man hat bei der Großindustrie den biologischen Landbau zunächst nicht ernst genommen. Unabhängige Wissenschafter (an vorderster Stelle Dr. Hans Peter Rusch) machten sich alsbald an die Arbeit um dem biologischen Landbau den notwendigen wissenschaftlichen Unterbau zu schaffen und die Direktiven zu schaffen, nach denen nun seit einiger Zeit gearbeitet wird. Das hat man bei dem Managertum der Industrie wohl kaum für mgölich gehalten. Nun ist aber außerdem eine ganz neue Sachlage dadurch entstanden, dass von unabhängigen Forschern der Begriff „Umweltverschmutzung“ geprägt wurde, ein Begriff, der rasch Eingang ins allgemeine Bewusstsein der Völker gefunden hat. Es wurde neben Wasser- und Luftverschmutzung die chemisierte technisierte Landwirtschaft als größter Umweltverschmutzer erkannt.

Weil aber der biologische Landbau die einzige Möglichkeit bietet der Verderbnis der Naturkräfte zu begegnen und dem Lebendigen auf Erden seine Erbgesundheit zu bewahren, bleibt nun der Industrie nichts anderes übrig, als den Abwehrkampf gegen jede Erneuerung der Landwirtschaft aufzunehmen. Es ist ja direkt bewundernswert, wie die Industrie es fertigbringt den Staat, die landwirtschaftlichen Forschungsstätten und alle dienlichen Institutionen vor ihren Karren zu spannen, wie sie es fertigbringt, den Egoismus und die Existenzangst ihrer Leute auszunützen. Ohne Kunstdünger würden Millionen und Abermillionen von Menschen auf der Welt zusätzlich verhungern, so wird es verlautbart. Der biologische Landbau wird als unwissenschaftlicher Blödsinn abgetan.

Alledem zum Trotz: Der biologische Landbau wächst und wächst, sein Siegeszug ist nicht mehr aufzuhalten. Die Bildung von Gruppen von Landwirten, die ihre Betriebe auf organisch-biologischen Landbau umgestellt haben, wächst.

In USA und Kanada gibt es bereits einen ausgedehnten biologischen Landbau, es fehlt ihm aber an den wissenschaftlichen Direktionen, da sind wir ihnen um 20 Jahre voraus, wie sie selbst zugeben. Wir waren die ersten, die die entscheidenden wissenschaftlichen Wahrheiten erarbeitet haben. Wir dürfen stolz sein, Pioniere zu sein. Wir haben inmitten einer feindlichen Umwelt ein Beispiel dafür geschaffen, wie der Landbau der Zukunft aussehen muss.

Im Zeitalter des Materialismus, der Technisierung, der Landflucht, der Gottlosigkeit ist die Verbindung zwischen Mensch und Natur abgerissen. Der Mensch bildet sich ein selber Gott zu sein. Seitdem verkümmert das Bauerntum, die Nahrungsfabrik tritt an seine Stelle. Wir müssen dafür sorgen helfen, dass der bäuerliche Familienbetrieb wieder zu Ehren kommt, in dem Moral und Sitte herrschen. Solchen Bauernfamilien zu helfen, zum Natürlichen zurückzukehren, das ist die Aufgabe für die nächsten Jahrzehnte.

Dann wird auch einmal wieder alle Nahrung auf den Märkten Gesundheit zu den Menschen bringen, dann wird der Kulturverfall, die Seelenlosigkeit, die mangelnde Liebe unter den Menschen und der Verfall der Gottgläubigkeit aufgehalten werden. Es gibt keinen anderen Weg als den unsrigen.

86. Artikel Sommer 1976

„Biologisches Gleichgewicht im Boden“

Das Maß der Dauerfruchtbarkeit eines Mutterbodens bei natürlicher Düngung, dh. alle nährenden Substanzen stammen aus organischen Abfällen, hängt von der Fähigkeit des Bodens ab, einerseits fortlaufend Substanzen an die Pflanze abzugeben wenn sie wächst, andererseits vom biologischen Substanzkreislauf soviel zu behalten, dass eine beständige Gare aufrechterhalten wird. Zwischen beiden besteht zweifellos ein biologisches Gleichgewicht, das nicht nur für jede Bodenart spezifisch ist, sondern auch im Laufe der Jahreszeiten differiert, weil das Mengenverhältnis zwischen Pflanzenwachstum (Nahrungsentnahme) und Humifizierung (Nahrungsbeschaffung) nicht konstant ist, sondern abhängig auch von den allgemeinen Wachstumsbedingungen vor allem von Wärme- und Wasserzufuhr. Je mehr der Boden im Stande ist freie Ionenschwärme und das für die Bindungen nötige Wasser zu speichern, desto größer ist seine Fähigkeit die gleitenden biologischen Fließgewichte aufrechtzuerhalten.

Füttert man den Boden zusätzlich mit verfügbar gemachten Mineralien und mit synthetischen Stickstoffverbindungen, so wird das Gleichgewicht zwischen der Beschaffung von Bodennahrung zur Vorratshaltung und der Entnahme durch die Pflanze gewaltsam beseitigt, weil die Lebensvorgänge durch die nicht vorgesehene Zufuhr stoffwechselaktiver Materie angefacht werden. Das geschieht besonders durch Stickstoffgaben zur Unzeit, vor allem im frühen Frühjahr, wenn die Bodenwärme für eine natürliche Stickstoffbindung noch nicht ausreicht (erst ab 15°). Es wird zwar die Kunstdüngerwirkung hier sehr gepriesen, ist aber hier zweifellos am schädlichsten.

  1. Durch die Anfachung des Stoffumsatzes wird die Huminbildung und die Inkohlung organischen Materials enorm und zur Unzeit gefördert. Da Humine sauren Charakter haben, wird der Boden aus dem elektrolytischen Gleichgewicht gebracht und saurer gemacht. Der Kunstdünger bringt außerdem anorganische Säureradikale mit, wodurch die Festlegung des Kalzium und die Besetzung der Tonkristalle vermehrt und die Garebildung behindert wird, dadurch wird auch das Gleichgewicht beeinträchtigt bis beseitigt.
  2. Es bildet sich eine krankhafte Variation der Mikroflora aus, weil die Mikrobien anders ernährt werden als vorgesehen, denn sie erhalten ja nun einige wenige Baustoffarten im Überfluss und nicht die wohl ausgewählte Nahrung, die ihnen der Abbau organischer Strukturen bietet. Die Variation der Flora bedeutet immer auch, dass die Nahrungsqualität krankhaft verändert wird.
  3. Die Ionenschwärme und freien Ionen werden so vermehrt, dass das Gleichgewicht zwischen makro- und mikromolekularen Nahrungssubstanzen beseitigt wird. Die Pflanze nimmt mehr stoffwechselaktives Material auf, als sie soll. Zwangsläufig führt die Anhäufung von Ionen im Saftkreislauf der Pflanze stoßweise zu einem „Wachstumsfieber“, das nicht nur den biologischen Charakter des Pflanzengewebebaues verändert die quantitativen Umsätze zu ungunsten der qualitativen gewaltsam erhöht, sondern die Feinabstufungen der Substanzauswahlen nivelliert und uniformiert.

Es ist offenbar unmöglich, künstlich zu düngen, ohne die Gare zu gefährden, weil die Ausbildung einer natürlichen Gare mit einer höchst vielfältigen Abstufung und Auswahl der biologischen Potenzen lebender Substanzen unmöglich gemacht wird.

Es ist offenbar unmöglich, die natürliche Pflanzenernährung durch verfügbar gemachte Mineral- und Stickstoffsubstanzen zu ergänzen, weil es hier nichts zu ergänzen gibt. Von Natur aus ist die Ernährung der Pflanze aus denjenigen Stoffen und biologischen Kapazitäten vorgesehen, die aus den Abfällen des Lebendigen stammen und im Organismus „Mutterboden“ vorgeordnet angeboten werden. Jede Einmischung in diese Vorgänge ist zwangsweise mit der Beseitigung aller jener Gleichgewichte verbunden, die für das organismische Leben Voraussetzung sind. Es kann also nur erlaubt sein, die Bodenvorräte durch nicht aufgeschlossene, nicht unmittelbar stoffwechselaktive Mineralien (Urgesteinsmehl) zu ergänzen. Diese werden vom Bodenstoffwechsel nur mobilisiert, wenn sie gebraucht werden. Die Aufnahme von synthetischem Stickstoff in den biologischen Kreislauf ist nicht vorgesehen, er erscheint als Fremdstoff, der die normale N-Beschaffung (aus organischen Rückständen und Assimilation aus der Luft) irritiert.

Schon der ältere Liebig gab an: die Pflanze könne von der Natur „hundert ja tausendmal mehr Stickstoff“ erhalten, als man ihr künstlich geben könne. Er warnte eindringlich davor, sich in den biologischen Substanzkreislauf durch Kunstdünger einzumischen. Diese Angaben wurden bei ihrem Erscheinen nicht mehr gehört und auch die gegenwärtige Neuausgabe unter dem Titel „Es ist dies die Spitze meines Lebens“ 1973 durch Wolfgang v. Haller wurde mehr oder weniger vom Tisch gewischt.

Normalerweise findet die Pflanze überhaupt in den Stoffausrüstungen organischer Abfälle aller das was sie braucht, denn das Material stammt aus Lebensprozessen und ist deshalb für Lebensprozesse geeignet.

Generell aber lässt sich sagen, dass alles das für die richtige Bodenernährung geeignet ist, was aus dem Substanzkreislauf selbst stammt, was pflanzliche, tierische und mikrobielle Systeme an Substanz besitzen. Organische Dünger werden umso wertvoller sein, je „lebendiger“ sie sind, dh. je unmittelbarer ein Lebensvorgang in den anderen übergeht.

Ein optimales Leben – ein Leben in Gesundheit und Fruchtbarkeit ist nur möglich in der lebendigen Gemeinschaft der Organismen. Und zu dieser Gemeinschaft gehört auch der Organismus „Boden Gare“, dessen Leben mit der Verbindung zum oberirdischen Leben steht und fällt.

85. Artikel Frühjahr 1976

„Eine Erwiderung“

Die von Dr. Hans Peter Rusch entwickelten Bodenproben wurden in seinem Hauptlabor ausgearbeitet, es wurde aber auch ein kleines Labor in der Schweiz in Germignaga (Tessin) eingerichtet, in dem Dr. Ruschs Hauptmitarbeiterin durch Jahrzehnte, Fr. Hoerning, die gleiche Arbeit verrichtete. Zwei von amtswegen bestellte Gutachter erschienen dort und verlautbarten nach kurzem Besuch, das Labor sei „wenig repräsentativ“ und die Handhabung der Bodenprüfungen sei „unwissenschaftlich“.

Nachdem es sich um amtlich bestellte Gutachten handelt, von angeblich Sachverständigen erstellt, die überall als Basis für die Entschlüsse der Regierungen dienen und so unsere Pionierarbeit ganz erheblich behindern können, will ich mich dazu äußern: Fr. Hoerning macht die Ausarbeitung der Proben wie gemeinsam vorher über 20 Jahre lang im Hauptlabor, mit einfachsten Mitteln, aber mit der gleichen wissenschaftlichen Exaktheit. So bleiben die Kosten gering und die biologische Sanierung der Böden überwacht. Die Leistung der kleinen Labors ist einmalig.

Man wisse und erinnere sich, dass die größten und fruchtbarsten Entdeckungen der Wissenschaft fast ohne Ausnahme in wenig „repräsentativen Labors“ gemacht wurden. So hat Otto Hahn die erste Atomkernspaltung der Welt in einem bescheidenen Labor mit selbstgebastelter Apparatur vollbracht. Robert Koch entdeckte den ersten Krankheitserreger in einem primitiven Mikroskop, in einem Verschlag, abgeteilt vom Sprechzimmer durch eine Pappwand. Die Findung der wichtigsten Seuchenerreger bedeutete die Besiegung der schlimmsten menschenmordenden Seuchen und der Beginn des Hygiene-Zeitalters. Die Reihe solcher Beispiele ließe sich beliebig fortsetzen.

Der uns beherrschende Gedanke war, einen labortechnisch einfachen Bodentest zu erstellen, den der normale Bauer auch bezahlen kann. Man erinnere sich und wisse, dass die größten und fruchtbarsten Entdeckungen und Erfindungen in großer Zahl bei ihrem Erscheinen heftig bestritten und bekämpft wurden, so sagte Max Planck, Nobelpreisträger der Physik: „Eine neue wissenschaftliche Wahrheit pflegt sich nicht in der Weise durchzusetzen, dass ihre Gegner überzeugt werden und sich als belehrt erklären, sondern vielmehr dadurch, dass die Gegner aussterben und dass die heranwachsende Generation von vornherein mit der Wahrheit vertraut gemacht ist“. Bei den Erstveröffentlichungen werden neue Wahrheiten meistens als „unwissenschaftlich“ abgetan. So geschah es in diesem Fall auch uns. Hätten die Herrn Gutachter sich die Mühe gemacht unser Hauptlabor zu besuchen und vor allem mit mir selbst zu sprechen, wäre zumindest ihre Handlungsweise nicht „unwissenschaftlich“ gewesen.

Es wird allerorten zur Zeit versucht, anhand chemischer Elementaranalysen nachzuweisen, dass sich ein Unterschied zwischen kunstgedüngter Marktware und biologischer Produktion nicht finden lässt. Die tote Materie ist freilich die gleiche. Der Unterschied zwischen üblicher Marktware und echt biologischem Gewächs liegt in der lebendigen Organisation der toten Materie, nicht in den Mengenzahlen an Hauptelementen. Um aber die biologische Wirkung von Lebensmitteln beurteilen zu können, muss mit Lebensvorgängen gearbeitet werden. So haben die amerikanischen Wissenschafter Potenger und Simson 20 Jahre lang Katzen mit verschiedenen Milchsorten gefüttert. Nur jene Gruppe, die frische Rohmilch bekam, blieb gesund und munter. Jene, die mit pasteurisierter, kondensierter oder Trockenmilch gefüttert wurden, starben spätestens in der 6. Generation aus, nach lange vorher bereits gezeigten Entartungserscheinungen.

Daraus geht hervor: Lebendiges lässt sich nur an Lebensvorgängen prüfen, wer etwas über den biologischen Wert oder Unwert von Lebensmitteln erfahren will, muss sich schon die Mühe machen, sie an lebendigen Vorgängen zu prüfen, mit chemischen Analysen ist da nichts zu finden. Das bedeutet im allgemeinen, dass man sich mit langjährigen und kostspieligen Fütterungsversuchen abmühen muss, um die biologische Qualität zu ermitteln. Dazu fehlte uns das nötige Geld. Wir sind daher einen anderen, weniger teuren Weg gegangen, wir benutzen als Versuchsobjekt die Bakterien aus dem Lebensbereich der Säugetiere und des Menschen.

Diese Versuchstiere stellen in kurzer Zeit neue Generationen zur Verfügung (alle 20 Minuten) und sind in jeder Bodenprobe schon von selbst vorhanden und geben uns rasche Antworten. Auf diese Weise ist es möglich, Bodenproben in wenigen Tagen zu prüfen, so billig wie möglich.

Die derzeitige Wissenschaft hat von Jugend auf gelernt, dass sich alles Lebendige aus Materie aufbaut, sie wissen nichts von Kreislauf der lebendigen Erbsubstanzen und wissen nicht, dass aus Materie niemals etwas Lebendiges wird, wenn es nicht von dem geheimnisvollen Etwas, das wir Leben nennen, geordnet wird.

84. Artikel Winter 1975

„Jetzt geht es ums Überleben der Menschheit“

Seit einiger Zeit erscheinen in Zeitungen und Zeitschriften Abhandlungen, die den Untergang der Menschheit in nicht ferner Zukunft voraussagen, belegt durch unbestreitbare Tatsachen (Club of Rome). Von Anfang an haben wir, der biologische Landbau, der Menschheit ihre Selbstvernichtung vorausgesagt, wenn sie sich nicht auf die Ehrfurcht vor dem Leben besinne und ihren Handlungen nicht alsbald die ewigen Gesetze des Lebendigen zugrundelegen.

Wir haben all unsere Kräfte eingesetzt und ein Beispiel geschaffen, das in Zukunft richtungsweisend sein wird: Es wird der Bauer sein, der die Wege weist, um die Menschheit zu retten, oder es wird keine Rettung geben.

Was ist vor sich gegangen? Was hat die menschliche Gesellschaft falsch gemacht, was muss anders gemacht werden? Wo liegen die Wurzeln des Übels?

Es begann damit, dass der Mensch die Materie entdeckte, die Welt wurde für ihn manipulierbar, sie wurde auf Gedeih und Verderb in seine Macht gegeben. Die Naturwissenschaft entschleierte das Wesen der Materie. Die Technik wurde erfunden und mit Hilfe der Maschine eine durch und durch künstliche Welt aufgebaut. Die Industrie entwickelte sich zu einer Riesen-Organisation, die heute den Erdball beherrscht, alle Lebewesen, auch die Landwirtschaft.

Dann kam der Wohlstand und mit ihm das Geld, das die Menschen zu Knechten macht. Die Menschen gehen vom Land in die Stadt, um Geld zu verdienen. Die Mächtigen von heute haben das Goldene Kalb modernisiert und nun tanzen alle drum herum.

Es verfällt alles, was das Leben schön und lebenswert macht: Kultur, Tradition, Sitte, Moral, Kunst, Familie, Gesundheit an Leib und Seele.

Und wenn man nun sagt, das alles geschehe nur deshalb, weil sich der Mensch vom lebendigen Boden größtenteils gelöst habe, so wird das außer uns und einigen, die noch nicht blind geworden sind, kaum jemand glauben und doch ist es so, ganz genauso.

Ein Volk, dessen Bauernstand zugrunde geht, hat nicht mehr lange zu leben. Man kann auch sagen: Wer die Beziehung zum Lebendigen aufgibt, ist verloren.

Der Stoffkreislauf des Lebendigen ist genau festgelegt vom Boden zur Pflanze und von dort zu Tier und Mensch und wieder zurück zum Boden. An diesem Stoffkreislauf nehmen ganz bestimmte Elemente in ganz bestimmten Mengen teil und daraus bauen alle Lebewesen ihren Leib auf, alle Hunderttausende von Pflanzenarten und über eine Million tierische Organisationen, die man bis jetzt registriert hat. Auch die Abfälle des Lebendigen enthalten diese Stoffe.

Diesem normalen natürlichen Stoffkreislauf hat nun die technische Zivilisation und ihre Großindustrie einen zweiten unnatürlichen Stoffkreislauf hinzugefügt aus Elementen, oft in riesigen Mengen, die am natürlichen Lebenskreislauf nicht teilnehmen. Es entstehen Abfälle ganz anderer Art als die Abfälle des Lebendigen, z.T. nur unbrauchbar, z.T. aber schädlich und sogar sehr giftig. Solche Abfallstoffe geraten nun zwangsläufig mehr und mehr in die natürlichen Stoffkreisläufe, das kann man überhaupt nicht verhindern. Der Boden, der von Natur aus die Aufgabe der Lebensmittelproduktion für alle Organismen erfüllen soll, reichert sich mit Fremdstoffen an, denn alle die von der Industrie produzierten und z.T. unzerstörbaren, insbesondere die synthetischen Stoffe, die Medikamente, die Schwermetalle landen zwangsläufig im lebendigen Boden.

Es kann nicht ausbleiben, dass das Bodenleben und seine lebenden Substanzen in steigendem Maße Veränderungen erleidet, sodass die Nahrung nicht mehr Heilnahrung sein kann, sondern die Entartung alles Lebenden erzwingt. Wenn die Industrieproduktion so weitergeht wie bisher, wird man eines Tages die Bodenerzeugnisse nicht mehr essen können ohne zu sterben. Da die Industrie in ihrer gegenwärtigen Struktur auf Wachstum, ständiges, alljährliches Wachstum angewiesen ist, weiß niemand wie man die zunehmende Bodenvergiftung mit Fremdstoffen verhindern soll.

Die technisierte und chemisierte Großflächen-Landwirtschaft, heute ein Zweig der Großindustrie, sorgt ihrerseits dafür, dass die natürlichen Stoffkreisläufe gestört und zerstört werden. So arbeitet die ganze materialistisch orientierte technisch-chemische Zivilisation in allen ihren Zweigen, jeder Vernunft zuwider, emsig an der Ausrottung des Lebens, und so muss letzten Endes die Menschheit ihren maßlosen widernatürlichen „Wohlstand“, den Wahn der Allmacht über die Materie, das Teufelswerk eines Irrglaubens, mit dem Leben bezahlen.

Der Weg „zurück zur Natur“ ist steinig und schwer: Harter Verzicht auf viel Bequemes, Gewohntes, Verzicht der Industrie auf jedes weitere Wachstum, schrittweisen, unverzüglichen Abbau, Aufteilen der Lebensräume in kleinere überschaubare Einheiten, Rückkehr sehr vieler Menschen aufs Land und zum lebendigen Boden.

Es gibt keine Wahl: Entweder wird dieser Weg gegangen, oder wir sind verloren. Ob die Menschen noch fähig sind diesen Weg zu gehen, muss die Zukunft erweisen.

Was wir, die Menschen im biologischen Landbau zu tun imstande waren, das ist getan worden. Das Beispiel ist gegeben. Die Kraft der Natur zur Regeneration ist unerschöpflich, wenn wir sie wirken lassen und ihre Arbeit nicht stören. Die Bio-Betriebe haben bewiesen, dass sie auf Fremd- und Giftstoffe verzichten können, dass sie weder Kunstdünger noch einen großen Maschinenpark brauchen; sie brauchen keine Industrie und keine Großflächen, sondern Mittel- und Kleinbetriebe, die überschaubar sind. Und sie bringen eine Nahrung hervor, die den Menschen wieder die Regeneration, das Überwinden der Entartung möglich macht.

Es gibt keinen anderen Weg zur Gesundung der menschlichen Gesellschaft, die an Leib und Seele krank ist, es geht auch um viel mehr als ums Überleben allein.

83. Artikel Herbst 1975

„Das Leben der Muttererde und seine Pflege“

Es ist wohl der umfangreichste und tiefgreifendste Artikel in dieser Serie, es ist der Schöpfungsbericht über das Lebendige dieses unseres Planeten.

  1. Die Mikroorganismen, die ersten Lebewesen auf Erden beleben das Wasser und die Verwitterungskrume der Erde.

  2. Aus ihnen entwickeln sich in sehr langen Zeiträumen alle Organismen: Pflanzen, Tiere, Menschen.

  3. Alle Lebewesen auf Erden sind aufeinander angewiesen, keines kann ohne das andere existieren, jedes hat seinen Lebensraum.

  4. Es ist alles wohlgeordnet und wer diese Ordnung zerstört, der zerstört sich selbst. Vor diesem ehernen Gesetz sind alle Lebewesen gleich.

  5. Das muss jedem bewusst sein, der Nahrung schafft für Mensch und Tier. Eine solche Nahrung muss der natürlichen Ordnung entspringen, sie muss die natürliche Ordnung vermitteln, tut sie das nicht, schafft sie Unordnung und damit Entartung, die der Anfang ist vom Untergang.

  6. Die Entartung schreitet sichtbar und erschreckend voran, obwohl die meisten Menschen davon nichts wissen und die größte aller Gefahren nicht sehen.

  7. Die vom organisch-biologischen Landbau geschaffene Nahrung entspricht der natürlichen Ordnung und ist imstande den Menschen wieder zurückzuführen und seine Lebensordnungen von dem Unrat zu reinigen, der sich breit gemacht hat und ihn unfähig macht ein sauberes, vernünftiges, natürliches Leben zu führen.

  8. Wer vom Leben der Muttererde sprechen will, muss dies alles sagen, weil damit alles anfängt. Die Mikroorganismen des Bodens sind die ersten, die wir pflegen müssen, wenn wir natürliche Nahrung erzeugen wollen.

  9. Die Mikroorganismen schaffen im Boden biologische Ordnung und wenn sie es nicht täten, dann könnte kein höheres Lebewesen in der biologischen Ordnung bleiben.

  10. Der Boden für sich allein bestand aus den Verwitterungsprodukten der Erdoberfläche, aus totem Gesteinsstaub. Die Erde war schon einige Milliarden Jahre alt, als die lebende Substanz erschien. Woher sie kam, ob auf der Erde entstanden oder aus dem Weltall kommend, ist nicht entschieden. Sie kam sobald die Voraussetzungen dazu gegeben waren.

  11. Geraume Zeit später bildeten sich die ersten lebendigen Zellen im Boden und nahmen schließlich die Oberfläche der ganzen Erdkugel in Besitz. Sie hatten bereits die Fähigkeit der Fortpflanzung und haben sich in ihren Urformen bis heute erhalten.

  12. Durch das Zusammentreten von Einzelzellen, zuerst wenigen, dann vielen, entstanden die Pflanzen, eine Entwicklung, die jetzt bis in die Einzelheiten bekannt ist. Das Leben ist damals gewissermaßen aus dem Boden ans Tageslicht getreten.

  13. Durch dieses Zusammentreten und Pflanzenbildung kam es zu einer erhöhten Bildung von einzelligen Kleinlebewesen, man zählt heute weit über 100.000 Arten, und zur Herausbildung der heutigen biologischen Ordnung.

  14. Der Boden bekam eine neue Aufgabe, als die Lebensgemeinschaften der Pflanzen und des Bodens als Grundlage der Vegetation. Durch ihr Wurzelsystem ist die Pflanze dem Boden verhaftet.

  15. Mit Hilfe der Wurzeln kann die Pflanze, das was sie zum Leben und der Fortpflanzung braucht, dem Boden entnehmen und umgekehrt kann sie mit Hilfe der Wurzeln dem Boden zahlreiche Stoffe liefern, die in größeren Mengen nur die Pflanzen bilden können, indem sie in großem Umfang das Licht und die Wärme der Sonnenstrahlung als Energiequellen ausnützen. Durch diesen Stoffaustausch zwischen Boden und Pflanze aber vermag die Pflanze Einfluss auf den Boden zu nehmen und seine Lebensordnungen in ihrem Sinne und zu ihrem Nutzen zu lenken.

  16. Seit dem Entstehen überirdischer Lebewesen, der Pflanzen und der Tiere entstehen Abfälle, die zwangsläufig auf den Boden kommen (sie fallen ab). Der Boden verdaut sie und hinterlässt auf diese Weise neue Fruchtbarkeit. In der Praxis: der organische Dünger.  Der Abbau wird durch Kleinlebewesen vorgenommen, durch die sogenannte Abbauflora in der obersten Bodenschicht, die von der Pflanze gemieden wird, die aber unentbehrlich ist für die Vorbereitung von neuer Pflanzennahrung.

  17. Die zweite Flora des Bodens ist die in der darunterliegenden Bodenschicht, der Humus oder Plasma-Gare, wirksamen den Pflanzen zugehörige Wurzelflora, die von der Pflanze direkt abhängig ist und nur leben kann, wenn sie mit der Pflanze tätig zusammenwirkt.

  18. Die pflanzen-zugehörige Wurzelflora besteht sowohl aus gewissen Pilzsorten, wie aus Bakterien. Beide Arten von Mikroorganismen sind Mitarbeiter der Pflanze, sie sind wie wir sagen „Symbionten“ und mit ihr in tätigem Zusammenleben verbunden. Diese Wurzelbakterien-Flora kann man mit Hilfe von Auslese-Methoden im Laboratorium herauszüchten und ihre Eigenschaften prüfen.

  19. Diese Bakterienflora kommt nicht nur bei den Pflanzen vor, sondern auch bei den Tieren und den Menschen. Sie leben dort auf den Schleimhäuten, beim Menschen z.B. auf der Mundschleimhaut, Rachenring, unterem Dünndarm und dem ganzen Dickdarm. Diese Bakterien haben durchwegs die Fähigkeit Milchsäure zu bilden und arbeiten als Symbionten bei Pflanze, Tier und Mensch. Der Wurzelapparat kann auch als „Darm der Pflanze“ betrachtet werden.

  20. Genauso wie man die Wurzelflora-Bakterien benützen kann um Aussagen über Gesundheit oder Nichtgesundheit von Tier und Mensch zu bekommen, kann man sie auch benutzen, um über die Beschaffenheit der Bodengesundheit zu urteilen. Man kann daher die Wurzelflora als Qualitätsmerkmal im Landbau benutzen. Man kann erfahren, welche Anbaumaßnahmen (Bodenbearbeitung Düngung) für die Bodengesundheit nützlich sind.

  21. Durch das alljährliche zuweilen sogar zweimalige Pflügen wird die natürliche Bodenschichtung vollständig zerstört. Man zwingt die Pflanze in der von ihr nicht geliebten Abbauflora zu wurzeln, wobei die Wurzelflora krank wird. Daher wenn es nötig ist, den Boden in die Tiefe hineinlockern.

  22. Wenn durch Bearbeitungsmaßnahmen unaufbereitete organische Masse in die Wurzeltiefen der Pflanze gelangt, bildet sich dort sofort eine Abbauflora, mit der Folge von Störung der Wurzelflora und Krankheit der Pflanze. Die kranke Pflanzenkultur ist eine untaugliche Nahrung. Daher frische organische Masse niemals in die Tiefe bringen.

  23. Wird synthetische Stickstoffdüngung durchgeführt, wird die ganze so sorgfältig vom Boden aufgebaute Lebensordnung und die Arbeit der Kleinlebewesen aller Art überflüssig, weil man Pflanze und Boden jede Arbeit erspart und unter Umgehung der natürlichen Stickstoffgewinnung diesen Baustoff fertig anliefert. Die Folge ist Abbau des Wurzelapparates, der Bakterienflora und Mangel an allen Stoffen, die im natürlichen Bodenleben entstehen und die man niemals künstlich ersetzen kann, die aber sehr wohl lebensnotwendig für den Aufbau der Pflanze und deren Qualität sind.

  24. Eine bestmögliche Pflanzennahrung kann eben nur der Boden selbst zubereiten, vermöge seiner Lebensordnung und seiner tätigen Zusammenarbeit mit der Pflanze.

  25. Das Leben des Bodens ist abhängig von der Bodenatmung durch die die organische „Lebendverbauung“ und Krümelbildung gewährleistet wird. Die natürliche Krümelung ist nicht durch künstliches Krümeln (durch Bodenbearbeitung) ersetzbar (fällt im Regen zusammen). Nur der durch organische Verbauung entstandene Krümel ist beständig, daher ein beständiges Füttern des Bodens mit organischem Dünger.

  26. Die physiologische Wurzelbakterienflora der Milchsäurebildner wird nicht nur durch fehlende Bodenatmung sondern auch durch Schadstoffe (Lebensgifte) aller Art zerstört. Solche Schadstoffe kommen nicht nur aus der chemischen Retorte, sondern auch aus falsch behandeltem Betriebsdünger. Mist, Gülle und Jauche müssen der atmenden Rotte (Belüftung) übergeben werden, ansonsten sie eine Fäulnisbakterienflora entwickeln mit bakterien- und wurzelschädigenden Hemmstoffen (Stapelmiste, unbelüftete Güllen und Jauchen).

  27. Wenn wir das Bodenleben in einem fruchtbaren Boden betrachten, so tun wir einen tiefen Blick in die Geheimnisse und Wunder der Natur, die man niemals künstlich ersetzen kann und die bis in alle Ewigkeit ihr Geheimnis bleiben werden. Die Ehrfurcht von dem Leben muss wiederkehren, wenn die Menschen das Leben in Gesundheit behalten oder wiedererringen wollen – das lehrt uns auch dieser Blick in die Wunder des Lebens.

82. Artikel Sommer 1975

„Der Wert der biologischen Landbauprodukte“

Möglichkeiten des Wertenachweises und der Unterscheidung nach dem gegenwärtigen Stand der Grundlagenforschung

Der Wert von Nahrungs- und Futterpflanzen wird bestimmt, indem man sie der chemischen Analyse unterwirft. Dabei werden alle Stoffe, soweit sie der chemischen Analyse zugänglich sind, mit ausreichender Genauigkeit erfasst: Eiweiße und ihre Bausteine, Kohlenhydrate verschiedenster Art, Fette samt ihren „gesättigten“ und „ungesättigten“ Fettsäuren, Mineralsalze, Vitamine, Enzyme und Spurenstoffe. Andere Kriterien gibt es nicht und soweit es solche gibt, wurden sie als „unwissenschaftlich“ beiseite geschoben und nicht als Beweis anerkannt, z.B. Geschmack, Geruch u.a.m. Ja selbst chemisch nachweisbare Qualitätsverschlechterungen wie das Pasteurisieren der Milch durch Erhitzen wobei sämtliche Enzyme und ein Teil der empfindlichen Vitamine zerstört und die Eiweißqualität verändert werden, wird als unwesentlich abgetan.
In Wirklichkeit ist der Schaden, der durch das Erhitzen lebendiger Nahrung entsteht noch viel größer als die Teilschäden, die sich durch die chemische Analyse erkennen lassen. Lebendige Nahrungen werden durch Erhitzen buchstäblich getötet. Was übrig bleibt ist eine Leiche. Es dürfte ein gewaltiger Unterschied sein, ob man von etwas Lebendigem oder von etwas Totem lebt. Diese einfache Tatsache hat bis jetzt noch nicht ihren Niederschlag in der Wissenschaft gefunden. Lebendigkeit ist eine Eigenschaft der lebenden Substanzen über die früher wenig, allzu wenig bekannt war. Unsere Veröffentlichungen über den Kreislauf der lebenden Substanzen fanden nur wenig Gehör und noch viel weniger Eingang in die Wissenschaft. Ich habe meine Arbeit nur deshalb trotz allen Widerstandes fortgesetzt, weil die Schlussfolgerungen aus der These vom biologischen Kreislauf lebender Erbsubstanz für die tägliche Praxis sowohl in der Heilkunde, wie in der Landwirtschaft von ungeheurer Bedeutung sind.
In den verflossenen 25 Jahren nun ist eine außergewöhnlich fruchtbare biologische Grundlagenforschung in Gang gekommen; die Zeiten haben sich geändert. Wir haben heute ein gutes Bild von den lebenden Substanzen und ihren Bewegungen innerhalb des Nahrungskreislaufes vom Boden bis zum Menschen und wird diese heute vom größeren Teil der Biologie, der Biophysik und der Biochemie als Wahrheit entsprechend erkannt. Die Weiterentwicklung Richtung Anerkennung durch die Wissenschaft wird jedoch von zahlreichen Schwierigkeiten begleitet, zuerst einmal durch das Nichterkennen durch die Wissenschaft und ihre Träger selbst, diese Periode dauert lange Zeit, bis umwälzende Erkenntnisse Platz gegriffen haben. Weiters hat in vielen Ländern die Industrie große Anteile der Fachleute unter Kontrolle. Das geschieht auf mannigfache Weise und immer mit Hilfe der Macht des Geldes. Das alles sind große Hindernisse auf dem Erkennen der Werte der biologischen Landbauprodukte. Es stellt sich die Frage: Gibt es Beweise für den höheren Wert dieser Produkte? Es gibt diese Beweise: lebende Organismen haben, wenn sie sich in der Umwelt behaupten wollen vor allem zwei grundsätzliche Aufgaben zu erfüllen: das sind die Selbsterhaltung und die Fortpflanzung. Je vollkommener sie diesen beiden Pflichten nachzukommen fähig sind, desto höher ist ihr biologischer Wert, ihre Lebensqualität.
Es kann nicht mehr bestritten werden, dass der biologische Landbau im Gegensatz zur Kunstdüngerwirtschaft ohne jede Giftanwendung auskommt, ohne seine Rentabilität zu verlieren. Im krassen Gegensatz zu den Kulturen der Kunstdüngerwirtschaft, denen man mit lebensfeindlichen Giften zu Hilfe kommen muss. Die biologischen Pflanzen besitzen Selbstschutz und Selbstheilungskräfte, die ihr Überleben sogar in einer vom Menschen weitgehend verdorbenen Umwelt möglich machen. In der gleichen Weise gelingt es dem biologischen Bauern Krankheit und Unfruchtbarkeit aus seinem Tierstall zu verbannen und seine Tiere zu höchsten Leistungen zu bringen. Die Unfruchtbarkeit der Nutztiere bereitet dem konventionellen Landbau schwere Sorgen. Es ist unzweifelhaft bewiesen, dass die biologische Nahrung von der das Tier lebt, imstande ist, ihre eigene Fruchtbarkeit auf den Nahrungsempfänger zu übertragen.
Es kann keinen Zweifel mehr daran geben, dass die biologischen Erzeugnisse einen wesentlich höheren Nahrungswert besitzen. Gesundheit ist unteilbar, kein Lebewesen kann auf die Dauer gesünder sein als seine Nahrung und die Zeichen von Gesundheit sind bei allen Lebewesen stets die gleichen, ob es sich nun um den Boden, die Pflanze, das Tier oder den Menschen handelt.

81. Artikel Frühjahr 1975

„Richtlinien für die Humuswirtschaft“

Am Beginn dieses Artikels berichtet Dr. Müller zum ersten Mal von einem „Krankwerden“ von Dr. Hans Peter Rusch. Diese Berichte wurden mehr.

 

Es wird nützlich sein die Richtlinien für die Humuswirtschaft übersichtlich zusammenzufassen, die im Laufe unserer Arbeit erkennbar und in der Praxis durchgeführt worden sind. Allerdings steht der Humusbauer heute noch manchen Schwierigkeiten in der Entwicklung gegenüber. Maschinen, Dünger und Saatgut entsprechen noch nicht voll den Anforderungen des biologischen Landbaues, die Qualität der Erzeugnisse wird nicht voll bewertet. Zudem werden zunehmend allerlei „biologische“ Hilfsmittel (Dünger, Saatgut, Pflanzenschutzmittel) angeboten, denen man kaum auf den ersten Blick anzusehen vermag, was sie wirklich wert sind. Die Humuswirtschaft ist ein biologisches System, das nicht mit diesem oder jenem Hilfsmittel zustande kommt, sondern nur aus dem Begreifen des Ganzen heraus; die Methoden sind relativ einfach, denn das meiste muss die Natur selber tun, man muss eben nur verstehen, sie dazu zu veranlassen.

 

Die Prinzipien der Bodenbearbeitung

Die Bodenbearbeitung bisher als Mittel zur mechanischen Bodenlockerung, zum Aufschluss des Untergrundes und zwecks „Durchfrierung“ der Krume allgemein üblich, könnte im biologischen Landbau wegfallen, sie ist im vollgaren Boden durchaus entbehrlich. Es kann kein Zweifel mehr daran sein, dass der Stoffwechsel des Bodens durch jeden Eingriff gestört wird und niemals zu Hochleistungen kommt, wenn man immer wieder Bodendecke Zell- und Plasmagare durcheinander bringt und die Voraussetzungen für die Humusbildung beseitigt. Es ist also grundsätzlich geboten jede irgendwie entbehrliche Bodenarbeit zu vermeiden.
Auf den Tiefpflug und ähnliche gröbere Eingriffe kann man vollkommen verzichten, mit schweren Geräten wird man nach Möglichkeit nur aufs Land fahren, wenn die mechanische Schädigung gering ist, nicht zur Zeit der Hochgare. Wer den Boden als lebendes Wesen ansieht wird die richtigen Methoden finden.
Für die oberflächliche verhältnismäßig unschädliche Bodenbearbeitung wie sie zu Saat, Versetzen, Verziehen und Unkrautbekämpfung nötig ist, stehen zwar Geräte zur Verfügung, bedürfen aber noch der Vervollkommnung. Eine zukünftige Zusammenarbeit von Maschinenbau und Humuswirtschaft wird lohnende Aufgaben vorfinden.
In den Mutterböden der warmen Zonen ist die Stoffwechseltätigkeit bei genügend Feuchtigkeit durchwegs ähnlich hoch wie in den sandigen Böden der gemäßigten Zonen in der warmen Jahreszeit, bei beiden muss vermieden werden, den „Grundumsatz“ durch tiefere Eingriffe in die Struktur noch weiter zu intensivieren. Nur bei schweren Tonböden werden die Nachteile der Bodenbearbeitung durch die Vorteile der erhöhten Bodenatmung wettgemacht, bei ihnen lässt sich der von Natur träge Stoffwechsel durch die mechanische Lockerung normalisieren. Allerdings wird man anstreben bei jeder Bodenbearbeitung, ob auf leichten oder schweren Böden, mit Rücksicht auf die lebenswichtige Schichtenbildung Geräte zu benutzen, die die Krume nicht umwenden, sondern den Boden lediglich aufreißen; man kann auf diese Weise auch die Pflugsohlenbildung vermeiden, die zur Abdichtung gegen den Untergrund führt.
Wer nicht weiß, ob sein Boden der mechanischen Tiefenlockerung bedarf oder nicht, muss es am Garezustand ablesen. Ein Boden, der in mäßig feuchtem Zustand beim Einstechen feste Klumpen bildet, denen jedes Porensystem fehlt, bedarf noch der Lockerung, aber auch der organischen Ernährung (Düngung) bis ein stabiles Porensystem entstanden ist.
Allgemeine Regeln für die Bodenbearbeitung gibt es nicht, es gibt auf der Welt vielleicht nicht einmal zwei gleichartige Böden, deren biologisches Verhalten sich entspricht wie die Konstitution eineiiger Zwillinge. Dem Bauern ist zu lehren, dass sein Boden lebt, dass jeder Boden sein eigenes individuelles Leben hat und man mit ihm umgehen muss, wie mit anderen Lebewesen. Eine Regel ist immer wichtig: Auf der Höhe der Zellgare, d.h. in den wärmsten Monaten muss der Boden möglichst in Ruhe gelassen werden, in dieser Zeit bringt das Durchwühlen der Krume die größte Beschädigung der Bodenorganismen. Zu jeder Zeit jedoch vermeide man die Umkehrung der Schichten.
Die Bodenbearbeitung während der Wachstumszeit hat einen weiteren sehr wesentlichen Nachteil: Die Ausdehnung des Wurzelsystems geht weit über das Maß hinaus, das man sich bisher vorgestellt hat. Es handelt sich daher nicht nur um die gut sichtbaren Wurzeln der Gewächse, sondern um ein fast mikroskopisch feines unendlich vielgestaltiges, ständig auf- und abgebautes System von Nährwurzeln, das jede Pflanze in unglaublich kurzer Zeit zu entwickeln vermag, wenn sie genügend Plasmagare vorfindet. In Böden, die niemals bearbeitet werden (Obstbau unter der Grasnarbe) geht dieses Feinwurzelsystem weit über den oberirdischen Kronenteil hinaus, bei Obstbäumen oft mehrere Meter.
Wir haben uns das auch ganz ebenso bei Rüben, Kartoffeln, Gemüse und anderen Kulturpflanzen vorzustellen. Es ist unvermeidlich, dass selbst die schonendste Bodenbearbeitung dieses weitverzweigte Nährsystem empfindlich stört. Zwar wird der Schaden dadurch teilweise wettgemacht, dass das System rasch wieder aufgebaut werden kann und auf nicht garen Böden wird die mangelhafte Bodenatmung verbessert.
Legen wir diese Grundsätze – Störung der natürlichen Schichtenbildung und des Feinwurzelsystems durch Bodenarbeit – den kulturellen Maßnahmen der Bearbeitung von Muttererden zugrunde, so ergibt sich von selbst, dass nicht ein einziger Eingriff in den Bodenorganismus ohne Folgen bleibt und unbedenklich wäre. Man wird zugeben, dass man sich bisher ganz allgemein am Bodenleben versündigt hat und für die Zukunft gewaltig umlernen muss.

 

80. Artikel Winter 1974

„Wissenschaft, Forschung und biologischer Landbau“

Die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft in den letzten 200 Jahren der Menschheitsgeschichte findet sich wieder in der Entwicklung ihrer Wissenschaften. Ursprünglich lag diese in den Händen von Einzelnen, wenigen Auserwählten. Das unvergleichlich starke Wachstum der Menschheit seit dem vorvorigen Jahrhundert hat eine Studenten-Flut an allen Universitäten erzeugt. So wichtig die Wissenschaften für die Fortentwicklung der menschlichen Kultur früher auch waren – für die Existenz der Menschheit waren sie halbwegs entbehrlich. Heute aber sind sie es nicht mehr. Ohne die Arbeit der Wissenschaften kann die Menschheit nicht mehr existieren, sie könnte ihr Wachstum nicht überleben.

In dieser Entwicklung hat sich der Charakter der Wissenschaften das Wesen der Universität und ihrer Aufgaben entscheidend gewandelt – die Spezialisten sind unentbehrlich geworden. Die Universitäten wurden zwangsläufig überwiegend zu bloßen Fachschulen zwecks Ausbildung von Spezialisten. Es tritt damit ein sogenannter „Fach-Idiot“ in Erscheinung, ein Akademiker-Typ, dem die Scheuklappen des Spezialistentums jeden Überblick, jede instinktsichere Einordnung des Einzelnen in das Ganze verwehren. Es gibt jetzt nur noch recht wenige wissenschaftliche Persönlichkeiten, die sich den sicheren Blick für Ganzheitsprobleme bewahrt haben.

Wohl die wesentlichste Erscheinung ist aber die Tatsache, dass sich auf Basis der industriell und kaufmännisch vielfältig ausnutzbaren Resultate der Forschung etwas entwickelt hat, das es früher in dieser allherrschenden Form noch nie gab.

Der Großindustrie ist es gelungen, die Macht des Geldes an sich zu bringen und damit in ihrem Sinne zu herrschen und so den größeren Teil der Naturforschung in ihre Abhängigkeit zu zwingen. Ein neuer Typ Wissenschaft entstand, die „Zweckwissenschaft“ in der neben dem Forscher immer der Kaufmann steht, den eine Wahrheitsfindung wenig interessiert, er wartet nur auf verwertbare Resultate. Diese ständige Abhängigkeit der Wissenschaft hat einen neuen Forschertyp geboren, dessen Denken und Streben nur mehr zweckgebunden ist. Die Hochzivilisation hat sich so rapide und ohne jede Rücksicht auf die Umwelt entwickelt, dass die Existenz alles Lebendigen auf Erden in höchste Gefahr geraten ist.

Dass es einen Kreislauf der lebenden und vor allem der Erbsubstanzen in der Natur gibt, von dem das Gedeihen aller Lebewesen direkt abhängig ist, bezüglich ihrer Gesundheit und Erbgesundheit, weiß man aus den Forschungsergebnissen der Vererbungs- und Gen-Forschung. Hätte man beizeiten die Zivilisation danach ausgerichtet, wäre der Menschheit das Gespenst ihres biologischen Todes erspart geblieben. Man redet in aller Welt von den verschmutzten Flüssen vom Lärm von der Luftverschmutzung, viel zu wenig vom lebendigen Boden und der natürlichen Nahrungsproduktion, obwohl letztere der Beginn sein müssten der Bemühung um eine Gesundung der menschlichen Gesellschaft.

Es darf daher niemand wundern, dass sich viele Menschen mit noch gesundem Instinkt im Bewusstsein, dass es die Natur doch besser weiß, als wir Menschen von der offiziell vorgegebenen Linie abgewandt haben und eigene Wege gehen, sodass heutzutage die sog. biologische Medizin und der sog. biologische Landbau zu einem allgemein bekannten Begriff geworden sind. Die Bezeichnung „biologisch“ wurde damit in den allgemeinen Sprachgebrauch übernommen. Man versteht darunter alle Arten von Bewegungen, die sich von der allophatischen Medikamentenmedizin und der Agrochemie befreit und natürliche Methoden der Heilbehandlung und Nahrungsproduktion entwickelt haben.

Niemand sollte eigentlich bezweifeln, dass hier die Wege in eine bessere Zukunft aufgezeigt werden, jedoch die dahingehende Einsicht ist erst in einem anfänglichen Werden. Die Obrigkeiten wollten den Gebrauch des Wortes „biologisch“ verbieten, das jedoch ist nicht gelungen, dazu dürfte es zu spät sein – die Menschen lassen sich nicht einfach den Mund verbieten.

Im Augenblick handelt es sich darum, die Wissenschaft von den Grundbedingungen des Lebens und der Erbgesundheit zu Anwendungsreife zu entwickeln. Die Basis ist ja längst gelegt, man braucht nur darauf aufzubauen.

79. Artikel Herbst 1974

„Unser Gesundheitsfilter ist der Boden“

Um die Vorgänge bei der Kompostierung zu studieren, wurden in den Jahren 1951-1953 Komposte aufgesetzt nach allen bekannten Vorschriften, es waren Stallmist-Erde-Komposte reine Pflanzenkomposte und gemischte. Die Zellzahlen des Anfangsmaterials waren sehr hoch bis zu 8000. Das Kompostmaterial wandelte sich im Lauf der Monate in eine wunderbare dunkle Erde um, die herrlich nach fruchtbarer Walderde duftete. Die Zellzahlen dieses Produktes jedoch waren auf weniger als den 10. Teil abgesunken (400-700) der Düngewert hatte sich auf einen kleinen Bruchteil verringert. Im gleichen Maße in dem die Zellzahlen absanken, verminderte sich der Zellulosegehalt des Materials, das von den Kompost-Mikroben als Nährstoff benutzt wird, dabei wird Wärme freigesetzt (Erhitzung der Komposte). Der größte Teil der Energie des organischen Abfallmaterials wird im Komposthaufen verbraucht. Es steigt die Qualität der Komposterde bis auf hervorragende Wertigkeiten aber die mengenmäßige Leistung, die Düngeleistung geht zur gleichen Zeit bis auf einen kleinen Bruchteil verloren. Damit erklärt sich, dass man im bisher üblichen biologischen Landbau zwar gesunde Kulturen von hoher biologischer Güte bekam, aber keine ausreichenden Erträge und damit keine genügende Rentabilität.

Damit schied der biologische Landbau als ernsthafte Konkurrenz für die Kunstdünger-Methode aus.

Es stellte sich jetzt die Frage, was nun tun mit den Wirtschaftsdüngern und dem sonstigen organischen Material, nachdem man wusste, dass die Kulturpflanzen wohl die ausgereiften nicht aber die frischen Dünger vertragen.

Die Natur wies den Weg: das organische Material wird dort einfach auf den Boden aufgelegt (herbstlicher Laubfall) durchläuft die Arbeitsschichten des unversehrten Bodens (kein Einpflügen) und wandelt das pflanzlich vollkommen untaugliche Abfallmaterial in beste Pflanzennahrung um. Und dabei geht nichts verloren.

Es war damals eine schwierige Sache die Änderung im Kompostierungssystem den Bauern zu erklären und den Flächenkompost den Vorrang zu geben Zudem war bereits bekannt, dass der Haufenkompost auf Grund seiner hohen biologischen Güte ein biologischer Filter darstellt, das imstande ist, alles Krankhafte und Abwegige zu beseitigen und sogar Krankheitserreger abzutöten. Das geschieht auf dem Weg der Humifizierung bei der Umbildung der lebenden Substanzen. Es stellte sich nun die Frage: Wenn man anstelle der Haufen die Flächenkompostierung praktiziert, so müsste dieser Gesundheitsprozess ebenso gut und sicher ablaufen wie im Haufenkompost. Es wurden Versuchsreihen eingerichtet mit echten hochlebendigen Krankheitserregern auf lebendigen und nicht lebendigen Böden. Dabei stellte sich heraus, dass lebendige Böden als biologisches Filter ebensogut funktionieren wie Komposte nicht aber die kaum lebendigen Böden, wie sie durch die fortlaufende Treibdüngung mit synthetischem Stickstoff produziert werden.

Die Flächenkompostierung auf biologisch lebendigen Boden erbringt dieselbe Filtertätigkeit wie der Haufenkompost.

 

„Mineralisation“ der lebenden Substanz

Ansichten der Wissenschaft im Laufe der Zeit seit:

Anfang des 20. Jahrhunderts: Jegliche organische Substanz muss im Boden „mineralisiert“ werden, ehe sie die Pflanzen aufnehmen können. Man war der Meinung, dass kein Organismus auch nicht Tier und Mensch imstande seien die großen Moleküle organischer Substanz in sich aufzunehmen. Die gegebene Schlussfolgerung war die einfache Formel von der Mineralisation, die dann folgerichtig auch der Einführung der Kunstdüngung in der Landwirtschaft ihre Berechtigung gab. Inzwischen ist viel geschehen: Die Auffassungen vom Stoffwechsel haben sich im Laufe der Jahrzehnte bis heute grundlegend gewandelt.

Zunächst bewies bereits die vor 4-5 Jahrzehnten erfolgte Entdeckung der Vitamine und Enzyme, dass es im Nahrungskreislauf auch größere Atomverbindungen gibt, die von Mensch, Tier und Pflanze aufgenommen werden können.

Heute steht absolut fest, dass ein jeder Organismus imstande ist, aus dem Nahrungsangebot die Riesenmoleküle der lebendigen Substanzen, ja sogar ganze unversehrte Bakterien in sich aufzunehmen. Es gibt also praktisch nichts in der Nahrung, was der Körper nicht auch aufnehmen kann, wenn er es will. Es gibt eine ganze Reihe von Kontrolleinrichtungen mit denen sich die Organismen normalerweise gegen die Aufnahme einer unerwünschten lebenden Substanze wehren können.

Es sind viele Erkenntnisse über den Stoffwechsel lebender Organismen durch die Forschung gewonnen worden, es wird jedoch die Aufklärung bis ins Letzte noch sehr viel Forscher-Arbeit verlangen.

Im lebenden Mutterboden ist der Stoffwechsel jedoch ganz besonders rätselhaft, weil dort die Stoffe, die man dem Boden als Nahrung (Düngung) anbietet, tatsächlich zum größten Teil (betrifft vor allem die Kohlehydrate) aufgespalten werden, also eine Mineralisation eintritt, jedoch mit Einschränkung:

Abgebaut wird nur das, was sich im Stoffwechsel der Organismen, besonders der Pflanzen relativ leicht wieder aufbauen lässt; nicht abgebaut aber wird das, was für das Leben der Pflanzen und letztlich auch der Tiere und Menschen wertvoll und lebenswichtig ist, und das sind in erster Linie die lebenden Substanzen. Sie werden lediglich von allen ihren Begleitstoffen befreit und damit einer biologischen „Reinigung“ zugänglich gemacht. Das ist letzten Endes der tiefere Sinn der sog. Humusbildung, mit der aus unbrauchbarem, ja giftigem Abfall wertvollste Pflanzennahrung zubereitet wird, oder kurz gesagt: Was entbehrlich ist für die Pflanze, wird abgebaut – „mineralisiert“ – was unentbehrlich ist, bleibt erhalten.

Auch der Abbau, die Aufspaltung zweitrangiger Stoff-Gebilde im Boden ist eine durchaus ökonomische Sache und für das Bodenleben unentbehrlich: Die Energien, die beim Abbau gewonnen werden, werden unbedingt gebraucht, um der abbauenden Bodenflora in den obersten Bodenschichten das Leben zu gestatten. Sie leben von den Energien aller der Stoffe, die für die Pflanze überflüssig und sogar zum Teil unverträglich und giftig sind – es ist schon alles weise eingerichtet. Ein jeder bekommt das, was er braucht. Die Bodenflora hat genug zum Leben, was sie verbrauchen kann, und übrig bleibt genau das, was die Pflanze zum Leben braucht: Humus.

Die lebende Substanz hat dereinst aus dem Chaos der irdischen Mineralstoffe das wohlgeordnete System der lebendigen Organismen, der Mikroben, der Pflanzen, der Tiere und der Menschen geschaffen. Sie benutzt freilich dazu die Urminerialien – wie sie ja im Urgesteinsmehl vorhanden sind, – und sie bewegt dabei ungeheure Mengen dieser leblosen Stoffe.

Das Entscheidende dabei aber ist und bleibt sie selbst, die lebende Substanz mit ihrem Ordnungsgefüge, in dem alle lebendigen Gestaltungen auf der Erde eingeprägt sind. Ohne sie gibt es kein Leben auf der Erde, und das Leben kommt nur aus Leben und niemals aus der Mineralisation.

78. Artikel Sommer 1974

„Die mikrobiologische Bodenuntersuchung nach Dr. med. H.P. Rusch – Was bedeuten die ermittelten Werte über „Menge“ und „Güte“ für die Praxis des organisch-biologischen Landbaues?“

Der biologische Landbau ganz allgemein steht und fällt mit der natürlichen, spontanen Fruchtbarkeit der Kulturböden. Diese natürliche Fruchtbarkeit ist nicht identisch mit der Menge des Bodenvorrates an sogenannten Kern-Nährstoffen, d. h. den direkt oder indirekt verfügbaren Ionenschwärmen und Stickstoffverbindungen, wie sie die chemische Bodenanalyse ermittelt. Sie ist funktionaler Art und nicht mit einer stofflichen Analyse zu erfassen.

Die chemische Analyse lässt bestenfalls eine Aussage zu über die vermutliche Ernte, also bestenfalls eine quantitative Voraussage – und auch das keineswegs immer: Ein direkter Zusammenhang von chemisch-analytisch ermittelten Bodenwerten mit dem Ertrag wird seit geraumer Zeit mit Recht bestritten: Sie ist also nicht einmal immer ein quantitatives Maß für die Fruchtbarkeit des Bodens, geschweige denn ein Maß für die biologische Bodenqualität. Natürliche Bodenfruchtbarkeit ist sehr viel mehr als der mess- und wägbare Ertrag.

Fruchtbarkeit ist die höchste Leistung, deren ein Lebewesen fähig ist; sie ist zugleich der sichtbare Ausdruck der Gesundheit: Wo die Gesundheit schwindet, aus welchen Gründen auch immer es sein mag, da schwindet auch die Fähigkeit, vollkommenes Leben zu gebären. In der Natur ist kein Ding um seiner selbst willen, es ist nur um das Ganzen willen. Ein Organismus ist nicht schon deshalb fruchtbar, weil er Nachkommen hat; er ist es erst dann, wenn auch seine Nachkommen fruchtbar sind bis ins letzte Glied, von dem wir wissen können. Fruchtbarkeit ist nicht um des Individuums willen, sondern für die Erhaltung der Art notwendig.

Aber das nicht allein: Die Fruchtbarkeit der Muttererde setzt sich fort in den Organismen, die von ihr leben, den Pflanzenwesen, deren Dasein nicht mehr an die Verhaftung mit dem Boden gebunden ist, den Tieren und Menschen. Von allen diesen ans Licht gestiegenen Gestaltungen des Lebens kehrt schließlich die Fruchtbarkeit zurück dorthin, von wo sie kam, zur „Mutter Erde“. So ist die Bodenfruchtbarkeit kein Ding an sich, sondern Teil eines Ganzen, dem sie dient wie alles, was lebt. Dieses Ganze, die Gemeinschaft alles Lebendigen muss nicht nur philosophisch, sondern erst recht naturwissenschaftlich als biologische Funktionseinheit gesehen werden, wenn man den Versuch unternimmt, die Bodenfruchtbarkeit zu messen, um dem Menschen zu dienen.

Im Licht dieser umfassenden Betrachtung des Begriffes „Fruchtbarkeit“ mutet der Versuch, sie mithilfe einer Mineralstoffanalyse zu messen und sie an rein quantitativen Erträgen zu bestätigen, von vornherein als untauglicher Versuch am untauglichen Objekt, also als höchst unwissenschaftlich an. Auf jeden Fall bedarf es, um die Bodenfruchtbarkeit zu messen, biologisch-funktionaler Tests, nicht chemischer Analysen.

Der einzige, exakt-wissenschaftliche Test wäre freilich die Prüfung einer vollständigen Lebensgemeinschaft Boden-Pflanzen-Tier-Mensch über viele Jahrzehnte hinweg. Aber die Menschheit hat wohl kaum noch die Zeit, die Resultate solcher Versuche abzuwarten. Sie steht vor Gegenwartsproblemen, die auf den Nägeln brennen und gemeistert werden müssen, wenn die rapid zunehmende Entartung der hochzivilisierten Menschheit überwunden werden soll – das ist unser Problem heute, nicht in ferner Zukunft. Es bedarf also funktionaler Tests einfacher Art, unmittelbar brauchbar für die landbauliche Praxis. Solche Tests müssen ein kurzzeitig verfügbare Aussage über die funktionelle Leistungsfähigkeit eines Bodens sowohl bezüglich der Quantität wie der biologischen Qualität gestatten. Sie müssen damit eine Aussage gestatten sowohl über die erwartbare Ernte und den rentabilitäts-begründenden Ertrag wie über die vermutliche physiologische Wirksamkeit der Erzeugnisse an Nahrungs- und Futterpflanzen bei Tier und Mensch – und damit wäre zugleich eine Aussage möglich über die sogenannte Pflanzengesundheit, ihre Abwehrleistungen und ihr spontanes Gedeihen. Zugleich aber muss eine Methode erarbeitet werden, deren Unkosten so gering sind wie irgend möglich, denn ein aufwendig-teurer Test wäre für den Landbau indiskutabel.

Unter diesen Voraussetzungen gibt es überhaupt nur eine einzige Möglichkeit: Einen mikrobiologischen Test, ein Test anhand der einzelligen Lebewesen, die auf mannigfache Weise mit dem Dasein der Vielzeller Pflanze, Tier und Mensch verknüpft sind. Diese Mikroorganismen vermögen als einzige innerhalb weniger Tage das widerzuspiegeln, was im Leben der vielzelligen Organismen vor sich geht, und zwar sowohl quantitativ wie qualitativ. Die Fortschritte der Mikrobiologie geben uns schon seit geraumer Zeit die Möglichkeit dazu.

Der Test hat zwei voneinander unabhängige Teile, einen quantitativen und einen qualitativen. Ersterer gibt eine Aussage über die Intensität des Bodenlebens, also über die erwartbare Bodenleistung („Menge“), letzterer eine Aussage über die biologische Güte des Bodenlebens in Bezug auf Pflanze, Tier und Mensch, denen der geprüfte Boden – direkt oder indirekt – die Nahrung liefert („Güte“).
Bestimmung der „Menge-Zahlen“

Die funktionale Bodenleistungsfähigkeit drückt sich darin aus, wie viele Zellen eine bestimmte Bodenprobenmenge unter günstigen Wachstumsbedingungen hervorzubringen imstande ist. Die Bodenprobe wird einem bestimmten Verfahren unterzogen durch das es möglich ist die Zahl der Zellen dieser Probe zu liefern. Diese Bestimmung der Menge des Bodenlebens ist ein direktes Maß für die Fruchtbarkeit, jedoch kein Urteil über den zu erwartenden Ertrag. Der „Mengen-Test“ soll und kann nur angeben, ob von seiten des Bodens die Voraussetzungen für einen unbeeinflussten, spontanen Wuchs der Kulturpflanzen ohne jeden Treibdünger gegeben sind.

Bestimmung der biologischen „Güte“

Es gibt eine Unmenge von bakteriellen und eine noch viel größere Menge von pilzlichen Mikroorganismen die am Boden leben teilnehmen und in riesiger Zahl in jeder Bodenprobe vorkommen.

Es kommt darauf an die Natur der Bodenlebewesen zu erkennen, um ein echtes Urteil über die biologische Qualität abgeben zu können. Die Bakterienfloren bei Mensch, Tier und Pflanze sind direkt abhängig von der Bakterienflora des Bodens. So ist Milchzucker besonders charakteristisch für die Bakterien, die bei Pflanzen, Tieren und Menschen leben. Wenn nun in einem Boden Milchsäurebildner zu leben vermögen, so hat dieser Boden für Mensch und Tier eine hohe biologische Qualität. Durch die Darstellung der Milchsäureflora einer Bodenprobe in einem bestimmten Verfahren wird das vermittelt. Das Urteil über die Qualität der Milchsäureflora ergibt ein indirektes Maß für die biologische Güte von Böden, auf denen Nahrungs- und Futterpflanzen wachsen sollen.

Mit Hilfe dieses Testes hat Rusch Maßnahmen in der Methode entscheidend beeinflusst. Er hat die Probleme der Haufenkompostierung darestellt und damit der so segensreichen Flächenkompostierung die Tore geöffnet. Es wurde weiteres erkannt, dass die Humusbildung im Boden in Schichten vor sich geht, die funktionell streng voneinander getrennt sind. Bringt man sie durch tiefgehende Bodenarbeit durcheinander, so wird nicht nur die Humusbildung sondern auch die Ausbildung des Feinwurzelsystems der Kulturpflanzen sehr stark gestört. Das tiefgehende Pflügen wurde für den organisch-biologischen Landbau untragbar.

Der Test war in den ersten Jahrzehnten der jungen Methode vor großer Wichtigkeit, er vermittelte Sicherheit und Kontrolle, er half mit, dass der organisch-biologische Landbau ein klares Maßnahmenkleid erhalten konnte.

Dieser hier besprochene Boden-Test wird nicht mehr durchgeführt infolge technischer und menschlicher Schwierigkeiten mit einer ganz kleinen Ausnahme. Der Biolandbau ist, wo überhaupt nach Bodentests gefragt wird, in die stofflichen Analysen zurückgefallen. Ruschs Forderung in der ersten Hälfte dieser Darstellung ist klar und unumstößlich. Ob sie gehört wird?