63. Artikel Herbst 1970

Der entscheidende Unterschied

Es geht nicht nur darum, dass der biologische Landbau keinen Kunstdünger und kein Gift verwendet, sondern es geht um den Kampf gegen die zunehmenden Entartungs- und Krankheitserscheinungen der Kulturpflanze, um den Kampf um eine natürliche Widerstandskraft der Nahrungspflanzen und damit letzten Endes um den Kampf gegen Entartung und Krankheit bei Pflanze, Tier und Mensch.

Der biologisch-organische Landbau löst Probleme, die mit Riesenschritten auf die ganze Menschheit zukommen, die der Mensch mit seiner hemmungslosen Technisierung angerichtet hat an dem, was wir zum Leben und Gesundheit brauchen an Luft, Wasser, Landschaft, Mutterboden und vielem anderen.

Der biologisch-organische Landbau hat diese brennenden Probleme gelöst und es ist heute noch nicht einmal auszudenken, was sich alles zum Guten wenden würde, wenn alle Menschen von seinen Erzeugnissen leben würden.

Der wesentliche Unterschied zwischen biologisch-organischem Landbau und Kunstdüngerwirtschaft liegt darin, dass der biologisch-organische Landbau konsequent auf den künstlichen Stickstoff verzichtet.

Lebewesen treten in der Hauptsache miteinander in Beziehung durch den Stoffwechsel, der überall vor sich geht, wo etwas lebt: zwischen Muttererde und Pflanze, zwischen Pflanze, Tier und Mensch. Im Prinzip wird alles ausgetauscht, was den Bestand von Lebewesen ausmacht, wobei normalerweise für den Empfangenden beiderseits ein Vorteil herausspringt. So sind alle Lebewesen auf dem Weg des Stoffwechsels miteinander verbunden und aufeinander angewiesen.

Biologisch gesehen ist aber das Entscheidende bei den ausgetauschten Stoffen das Eiweiß und seine Bausteine die Aminosäuren, gebildet wird es von den Lebendsubstanzen des Bodens. Das Eiweiß ist das wichtigste Geheimnis des Lebendigen, es ist der Stoff, ohne den kein Leben denkbar ist. Deshalb ist die Eiweißbildung bei allen Lebewesen aufs genaueste nach Plan gesteuert und überwacht. Mit dem Eiweißstoffwechsel, so kann man sagen, wird die ganze lebendige Natur gesteuert und reguliert, wie es für das Wohl des ganzen Lebens auf der Erde erforderlich ist.

Zu einem wesentlichen Teil wird diese Steuerung in der Natur mithilfe des Stickstoffatoms vorgenommen. Dieses ist das zentrale Atom im Aufbau von Eiweiß (Proteinen) und Aminosäuren. Die Pflanze ihrerseits bekommt den ihr zugemessenen Stickstoff vom Boden nur in dem ihr zugeteilten Umfang. Dieses „Regulativ“ des Eiweißstickstoffwechsels funktioniert sehr präzise – wenn man sich nicht einmischt.

 

Bei Tier und Mensch, die ihren Stickstoff in Form von Eiweiß in Empfang nehmen wird der Stickstoff mengenmäßig dadurch begrenzt, dass die Verdauungsfähigkeit für Eiweiße begrenzt ist. Zu viel Eiweiß in der Nahrung oder in der Düngung verursacht Störungen.

Es gibt nicht nur eine einzige Eiweißsorte, sondern einige Milliarden, solche die die Natur in großen Mengen zulässt und solche die oft nur in Spuren vorkommen. Nachdem alles Lebendige auf Erden nach einem einheitlichen Prinzip gebaut ist, sind auch die Ansprüche aller Lebewesen etwa die gleichen, von der Mikrobe bis zum Menschen. So kann es kaum vorkommen, dass Eiweiße gebildet werden, die nicht im großen Plan stehen. Der Eiweißstoffwechsel ist aufs feinste geregelt.

So ist die Ausbildung aller Fähigkeiten von Lebewesen, die dazu dienen ihr Leben zu erneuern, zu erhalten und zu beschützen, also die Fähigkeit der Fruchtbarkeit, der Gesundheit und der Abwehrkräfte zu entwickeln, abhängig von der Fähigkeit, bestimmte seltene, komplizierte Eiweiße zu bilden.

Durch die Kunstdüngung wird synthetischer, auf chemisch-physikalischem Weg gewonnener Stickstoff gewaltsam in den natürlichen Eiweißkreislauf eingeschleust. Die Ordnung im Stoffwechsel des lebenden Mutterbodens gerät heillos durcheinander. Eiweiße und Aminosäuren werden nicht mehr in der erforderlichen Auswahl gebildet, sondern der Boden wird dazu gezwungen in großen Mengen Massen-Eiweiße zu bilden und die Ausbildung aller Fein- und Spureneiweiße zu vernachlässigen. Der Vorgang ist kontrollierbar und mehrfach nachgewiesen (Albrecht ua). Dementsprechend ändert sich auch der Eiweißstoffwechsel der Pflanze, die ja direkt von dem des Bodens abhängig ist.

Es werden Massen an lebenden Geweben gebildet, die Abwehrkräfte, die Gesundheit, die Widerstandsfähigkeit, die Haltbarkeit gehen jedoch verloren. Es ändert sich aber auch das Vegetationsbild. Pflanzen, die mit der geänderten Eiweißlage einigermaßen fertig werden, drängen sich vor und andere verschwinden. Da nun aber die Kunstdünger-Kulturen anfällig sind für Krankheit und Schädling, wird zum Gift gegriffen, zum gefährlichen, heimtückischen Giften, die durch die Entwicklung des Flugwesens in großen Mengen auf die unschuldige Natur losgelassen werden. Wer den Eiweißstoffwechsel stört, bewirkt Entartung und Abnahme der Grundgesundheit der Lebewesen.

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